Party im Postfach: Mailboxes

Teil 1: Erste Annäherung
Von Martin Krusche

Während ein Rudel von zweckeuphorischen Marktschreiern uns das Internet als tollsten "Ort" zwischen Krumpendorf und Katmandu aufzuschwatzen sucht, werden - sehr zu Unrecht - heimische Mailboxes in traditionellen (Print-) Medien momentan kaum erwähnt.

Vieles, was einen bewegt und worüber man Austausch sucht, ist sehr vom eigenen Lebensraum und von spezifischen (Lebens-) Verhältnissen geprägt, ist so gesehen stark kontextgebunden. Folglich sucht man sich vorzugsweise differenzierte Verständigungsmodelle, unter denen heimische Mailboxes manchen Vorteil bieten, den man im WWW vergeblich sucht. (Es gibt natürlich auch internationale Mailbox-Netzwerke, die aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sind.) Man darf sich von den neuen Technologien keine Kommunikationswunder erwarten. Im Gegenteil! Es scheint praktisch, bezüglich der Erwartungen vom eigenen Kommunikationsverhalten auszugehen. Wenn man zu einer angemessenen Geselligkeit findet, sind die Mailboxes ein veritabler elektromagnetischer Begegnungsort für Gemütlichkeit und Geschwätz, für trockene Infos und heiße Debatten, für Tips und Tricks und Plaudereien ... auch zum zwanglosen Schließen neuer Bekanntschaften oder zum Ruinieren alter Freundschaften: wie´s beliebt.

Die eigene Aktionsfreude bleibt ein ganz wichtiger Aspekt. In den Mailboxes schlafen Geschichten schnell wieder ein, wenn man nicht ausreichende Initiative zeigt. "4000 Leut und 30 kommunizieren, wie ich immer vermutet hab, das Konzept der Leserzeitung ist für xxx, seufffzzz." las ich unlängst in der privaten Mail eines engagierten Diskutanten. Das macht deutlich: wenn Mailbox-Betreiber Teilnehmerzahlen in Tausenderhöhe angeben, mag das schon korrekt sein. Es sagt aber noch nichts über die Verständigungs- und Debattierlust der Leute mit Zugangsberechtigung aus. Wünsche der Administration klingen aber durchaus so, wie es mir beispielsweise Mikee Eisenriegler mitteilte: "Wir arbeiten daran, das Konzept der Black°Box auch auf andere Medien (z.B. WWW) und Lebensbereiche auszudehnen. Wir halten es für wichtig, daß Kommunikations-Freiräume, wie die B°B, vermehrt geschaffen werden und die Leute von den Neuen Medien nicht nur zu Konsumenten erzogen werden."

Von der User-Seite kann das etwa so rüberkommen: "Was ich aber will, ist, Gespräche in Gang zu bringen. Dazu muß man einander kennenlernen. Das tun wir zur Zeit. Vielleicht werden das noch gute Gespräche. Qualitätvoll und mit Inhalt. / Mehr will ich nicht. Und wer sich jetzt kritisiert vorkommt, den habe ich wahrscheinlich am Nerv getroffen. / Seids nicht so wehleidig." meinte Günter T. kürzlich in der magnetCITY.

Freilich gibt es Foren, die sind geradezu "Selbstgeher". Etwa Computerspiele betreffend. Für einen großen Teil offener Gebiete bleibt trotzdem noch viel an Gesprächskultur und -lust zu kultivieren. [weiter]

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