martin krusches [flame] logbuch / blatt #34


log34a_roman_hold.jpg (32773 Byte)

Ich hatte gerade ein Plauderstündchen mit Roman Hold, dem Meister der thermodynamischen Hölle in muskulösen V8-Triebwerken. Dieses Plauderstündchen dürfte einige Konsequenzen haben. Davon später mehr Details. (Stichwort: "High Performance")

Ich rede gerne über Autos. In "intellektuellen Kreisen" wird das gelegentlich mit etwas Abschätzigkeit quittiert. Das sind zickige Attitüden. Aber vielleicht haben wir alle unsere Dünkelhaftigkeiten, die sich eben so oder so zeigen können. Mir geht es etwa auf den Geist, daß diverses Kunstvolk sich seit Jahren in den Fußballsport vernarrt zeigt und da was weiß ich was hineindeutet.

Also bleibe ich lieber bei meinem bevorzugten trivialen Mythos. Ich rede gerne über Autos. Die sind jederzeit mit den Themen Kult und Kultur verknüpfbar, kommen auch in der Kunst vor. Man kann, aber man muß nicht. Okay?

Einst waren „Kleinwagen“ ein Ausdruck, daß man es wirtschaftlich geschafft hatte. Stichwort: „Puch 500“. Die steirische Automobilindustrie lud Motorradfahrer ein, auf „richtige Autos“ umzusteigen.

Das KFZ blieb soziales Kommunikationsmittel. Es mußte auch weiterhin den Status seiner Passagiere mitteilen. Viel belächelt und heiß begehrt: Rescher BMW schlägt Opel Kadett und so weiter.

log34b.jpg (31200 Byte)

Wer bei großen Gesten nicht mehr mithalten kann, simuliert sowas einfach mit gestanztem und gezogenem Zubehör aus dem Katalog. Lahme Enten werden aufgebrezelt, mit Kunststoff beklebt, um wie wilde Stiere auszusehen. Peinlich, peinlich! Wer wirklich Schmalz unter der Haube hat, sorgt meist dafür, daß man es seinem Fahrzeug nicht unbedingt auf den ersten Blick ansieht.

log34c.jpg (25803 Byte)

Das „Vokabular“, mit dem man sich gegenseitig via Auto etwas mitteilt, ist heute sehr viel breiter und komplexer geworden. Kleinwagen sind schick, stehen gelegentlich im furchterregenden Schatten mächtiger Allradfahrzeuge und Pickups, deren Zweck im städtischen Leben manches Rätsel aufgibt. Großraumlimousinen strahlen viel Vernunft aus und Kombis dürfen keineswegs mehr fad erscheinen. Cabrios waren einst automobile Subkultur, heute sind sie Alltagsgegenstände.

Kurz, Autos sind eben keineswegs bloß zum Fahren da, sie sind Medien einer wohlhabenden Gesellschaft und haben kulturelle Funktionen. Sie sind gelegentlich auch rotzige Statements von Leuten, die sich in einer Subkultur versammlen, um sich gegen den Mainstream abzuheben.

Manchmal schafft es der Kommerz, solche Subkulturen zu plündern und in verwässerter Form Mainstream daraus zu machen. (Was hat eine "Tante Trude" von Suzuki schon mit einem handgeschmiedeten Chopper gemeinsam?)

Es wäre also vielleicht ganz pfiffig, sich bewußt damit auseinanderzusetzen, daß da ein soziokulturelles Thema vorliegt, das auf unser aller Leben und Lebensräume eine enorme, stets verändernde Kraft ausübt.

Ich mag es, in den Nischen vorbeizuschauen, wo teils radikale Werke vollbracht werden. Ich würde mich selbst nicht aufraffen, die Mittel zusammenzutragen, um so ein Stück zu erwerben. Aber ich erfreue mich an dem, was den inspirierten Maschinisten dieses Genres alles einfällt und gelingt. Ich sehe mir sehr gerne an, was aus solchen Garagen rollt. Ich schnuppere daran.

Bedenken Sie:
In den frühen Mythen Europas war es Hephaistos, der hinkenden Schmied, von dem es hieß, er haben sein Leben lang nichts lieber getan, als in seiner Werkstatt über seine Esse gebeugt zu stehen und phantastische Dinge zu fertigen.

log34d.jpg (38490 Byte)

Die Zyklopen waren seine Schmiedegesellen. Er hatte den Wagen des Helios gebaut, mit dem dieser Gott aus dem Geschlecht der Titanen für Licht auf der Erde sorgt. Hephaistos, der Ehemann der Aphrodite, hat den Göttern erlesene Waffen gefertigt, ersann Rüstungen, Paläste, Wundermaschinen.

Übrigens hat Phaeton, der Sohn des Sonnengottes Helios, mit dem Sonnenwagen seines Vaters eine legendäre Spritztour gemacht. Der junge Stutzer verlor, so die Sage, schließlich die Kontrolle über das mächtige Viergespann. Der jugendliche Raser löste mit dem darauf folgenden Crash fast einen Weltbrand aus.

Aus diesen Zusammenhängen könnte etwas klarer geworden sein, WARUM dieses Projekt unter dem Titel [flame] ein trivialer mythos steht. Ich handle hier Geschichten ab, die in unserer Kulturgeschichte eine sehr prominente Quellenlage im Bereich europäischer Mythen haben

P.S.:
Zu Roman Hold siehe auch Eintrag #30!
Zu Hephaistos: [link]
Zu Phaeton: [link]

reset [20/08] home