martin krusches [flame] logbuch / blatt #45


Eine Ausfahrt (Teil 3)

Ich hab schon damit begonnen, an dieser „Apfelblütenfahrt" das Grundlegende hervorzuheben, in dem die Massenmotorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg als ein soziokulturelles Phänomen von radikalen Konsequenzen darstellbar war. Etwas salopper ausgedrückt: An jenem Sonntag war ein famoses Setup an Automobilen zu sehen, die sich in historisch bedeutenden Posen zurechtstellen ließen. Das schließt Nutzfahrzeuge ein.

Ich übertreibe nicht. Es waren zwei Nutzfahrzeuge von historischer Tragweite auf dem Set. Ein früher UNIMOG und ein Citroën AK 400. Beide Fahrzeuge sind aus den 1930er-Jahren heraus konzipiert worden und waren in ihren ersten Versionen Ende der 1940er-Jahre da. Wie schon angedeutet, damals war der private Automobilismus noch von repräsentativen Autos wohlhabender Menschen dominiert.

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Citroën AK 400

Mitte der 1930er-Jahre hatte Monsieur Boulanger bei Citroën das Sagen. Und er sagte zu Monsieur Lefèbvre, dem maßgeblichen Konstrukteur des Hauses, sinngemäß: „Wir pfeifen jetzt einmal auf das Segment gehobener Kreise, da wissen wir ja längst, wo der Hammer hängt. Bis die werte Konkurrenz unseren Traction Avant einholt, können wir uns mit etwas anderem befassen. Nun entwerfe er mir ein Automobilchen, das unsere braven Bauern und kleinen Händler bewegen wird, ihre Pferdefuhrwerke dafür in die Ecke zu stellen."

Das ergab den bestechend einfach und unverwüstlich angelegten 2CV, wie er Ende der 1930er-Jahre in einer ersten Kleinserie verfügbar war. Die „Kastenente" war in ihren frühen Versionen erst ab den 1960er-Jahren auf den Straßen. Aber ich erachte von der Konzeption und den Motiven her schon die „Ur-Ente" als Nutzfahrzeug. Ich hab übrigens selbst einen AK 400 besessen, dessen phänomenale Belastbarkeit mich erstens den Sturz in Schlucht unbeschadet überstehen ließ und mich zweitens danach samt Ehefrau und Hausrat nach Hamburg brachte, Jahre später auch wieder zurück. Siehe: [link]

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Der UNIMOG, erst bei Boehringer gebaut und danach von Daimler-Benz bis in die Gegenwart stets erneuert und erfolgreich vermarktet, hat in seiner Entstehungsgeschichte einige Berührungspunkte mit der „Ente", aber einen ganz anderen historischen Kontext.

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Unimog 401

Deutschlands Hohenzollern hatten an der Seite der Habsburger den furchterregenden Ersten Weltkrieg zu verantworten und reüssierte kurz darauf -- in neuer Übereinkunft mit österreichischen Kräften -- als herausragender Aggressor im Zweiten Weltkrieg.

Das brachte den damaligen Finanzminister Amerikas, Henry Morgenthau, auf die Idee, Deutschland sollte „entindustrialisiert" und in einen Agrarstaat zurückverwandelt werden. So, meinte Morgenthau, würde den Deutschen das Anzetteln von Kriegen vergehen. Vor diesem Hintergrund entstand ein neuer Fahrzeugtyp, der kein Traktor war, wie man sie seit dem leichten Fordson kannte, welcher Ende der 1910er-Jahre in Irland gefertigt wurde.

Es wurde ein UNIversalMOtorGerät, das sich als Zugmaschine und Transporter eignete, das einen Stationärmotor zum Antreiben agrarischer Gerätschaften ebenso ersetzte wie es im mobilen Einsatz mit diversen Zusatzgeräten ausgestattet werden konnte. Die Entwicklungsarbeit dazu hatte Mitte der 1940er-Jahre begonnen, Anfang der 50er ist der Mog unterwegs gewesen.

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Das Fahrzeug bei der 2012er „Apfelblütenfahrt" ist ein 401 „Cabrio", wie man Mogs Mitte der 1950er sehen konnte. Sogar mit eben diesem Schriftzug, dessen vorherige Variante noch einen stilisierten Ochsenkopf im U trug, was an jenes Standardzugtier erinnert, das in der Landwirtschaft all jenen vorbehalten war, die sich für Arbeit auf dem Felde und Fuhrdienste kein Pferd leisten konnten.

Lustiger Zufall, auf dem Platz dann den Unimog und einen jüngeren 2CV in der Aufstellung mit einem 308er Ferrari (GTS4) aus den späten 1970er-Jahren zu finden...

[Das Lagler-Pucherl] [Die Gefolgschaft des Ikarus]

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