martin krusches [flame] logbuch / blatt #53


Spurtreue
Über die Erfindung des Mopeds

In Österreich meinen wir mit dem Begriff „Moped“ eine bunt verzweigte Fahrzeugfamilie, der auch „Mofas“ und Kleinroller zugerechnet werden. Die Geschichte dieses populären Fahrzeugtyps läßt sich in der Geschichte des Hauses Puch lückenlos auffinden.

Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, daß die Begriffsbildung auch an Puch gebunden sei. In einigen Quellen wird das für deutsche Produkte reklamiert. Aber so ein „Wer war zuerst?“ interessiert mich überhaupt nicht, weil es nichts klärt.

Graz ist ein bedeutender Produktionsstandort des Zweiradsektors, seit sich die sogenannten „Niederräder“ („Safeties“) durchgesetzt haben. Da ist von den 1890er-Jahren zu reden. Johann Puch war darin weder der erste noch der einzige Fabrikant, aber zweifelsfrei der prominenteste. Ein Mann von fast einschüchterndem Tatendrang, der über seinen 50. Geburtstag nicht weit hinaus kam.

Ich denke, wir dürfen die Geschichte des Mopeds auf die Puch „Kolibri“ zurückführen. Ein betont leichtes Motorzweirad in der Ära mächtiger Brocken. 1909 war das Verkleinern von Triebwerken und Gesamtkonstruktionen noch eine sehr knifflige Sache.

Am 3. April 1910 berichtete die "Allgemeine Automobil-Zeitung", der "bekannte Rennfahrer und Fahrmeister" Otto Wolf sei hier mit seinem "Puch-Kolibri-Zweirad" zu sehen, mit dem er im Vorjahr einige Siege errungen habe. Es sei äußerst leicht und handlich, was einen niederen Verbrauch an Pneumatik (Luftreifen) und Benzin erkläre.

log53a_puch_kolibri.jpg (14624 Byte)

Das eigentliche „Proto-Moped“ ist die Puch „Styriette“ von 1938. Gesamtkonstruktion und Motor werfen sozusagen den Schatten der Mopeds voraus. Bloß ein Jahrzehnt später werden Techniker den neuen Fahrzeugtyp in Arbeit haben.

log53b_styriette.jpg (32023 Byte)

Puch Styriette

Dazwischen liegen stabile Fahrräder, also etwa das „Waffenrad“, mit leichten „Hilfsmotoren“ verschiedener Anbieter. Im Puchwerk hat man sich mit diesem Segment nicht weiter befaßt, die Fahrräder aus eigener Produktion konnten von der Kundschaft beliebig aufgerüstet werden.

Sie ahnen schon, "Über die Erfindung des Mopeds" war im Titel sehr salopp formuliert. Es muß genauer von der Entwicklung des Mopeds die Rede sein. Die wurde auch in Deutschland, Frankreich, Italien und in anderen Ländern erfolgreich betrieben.

log53c_rex_hilfsmotor.jpg (25402 Byte)

Waffenrad mit Hilfsmotor von "Rex"

Was aber die Grazer Produkte in der Historie so herausragend macht, sind die Halbschalen-Rahmen, wie sie Erwin Musger und Alfred Oswald zuvor im Motorradbau eingeführt hatten.

Die Anregungen dazu kamen aus dem Flugzeugbau. Der Zweck war, mit möglichst geringem Materialaufwand für die Massenproduktion einen möglichst preiswerten, leichten, aber höchst stabilen Rahmen anzubieten.

Das ist wohl der Zusammenhang, in dem Puch historische Verdienste erwarb. Der amerikanische Autor Tom Bartlett schrieb in „Motorized Bicycles“ 2010: „The term ‚Moped’ was coined by Swedish journalist Harald Nielsen in 1952 to describe a new motorized bike with a pressed steel frame from Steyr-Puch of Austria…“

log53d_stangl_puch.jpg (32630 Byte)

Erster bedeutender Meilenstein österreichischer
Massenmotorisierung: Die "Stangl-Puch"

So wurde Anfang der 1950er am Puch MS 50 gearbeitet, das man noch heute gelegentlich im Alltagsverkehr entdecken kann. Eine Konstruktion von Walter Kuttler. Von da führen verschiedene Zwischenschritte und Verzweigungen zu einem Entwurf des Designers Louis L. Lepoix.

Mit dem Puch Maxi schufen die Grazer einen weiteren Meilenstein in dieser Geschichte österreichischer Massenmotorisierung. Rund um diese zwei markanten Fahrzeuge, die „Stangl-Puch“ und das Maxi, gruppieren sich seit Jahrzehnten alle wesentlichen Genres, die auch heute den Mopedmarkt ausmachen. Geländemopeds (Dirtbikes), Straßenrenner (Racer), Kleinroller (Scooter) und so manche Sonderform.

log53e_puch_maxi.jpg (36890 Byte)

Im Johann Puch-Museum Graz finden Sie das Ur-Maxi mit starrem
Rahmenheck nach dem Design von Louis L. Lepoix

Das beinhaltet auch frühe Elektrovarianten auf dem Weg zu dem, was heute Pedelec genannt wird. Sehen wir also die Puch-Kataloge aus mehreren Jahrzehnten durch, finden wir da exemplatisch so gut wie alles, was die Moped-Geschichte ausmacht.

[In Bewegung]

reset [22/13] home