martin krusches [flame] logbuch / blatt #107


Frauen in Hosen

Die "Photo-Composition" von Ch. Scolik, k.k. Hofphotograph in Wien, zeigt uns "Eine Herbstpartie" auf dem Umschlag der Wiener Bilder vom Oktober 1897. Wir haben heute keine Vorstellung davon, wie frivol dieses Bild ist.

log107a.jpg (36508 Byte)

Zu der Zeit wäre die Frau in ihren Bloomers und in solcher Pose vermutlich in den Straßen jeder Stadt beschimpft worden. Knapp ein Jahr darauf, im März 1898, sieht man ein vergleichbares Outfit auf dem Umschlag des Wiener Satiremagazins Die Bombe.

log107b.jpg (27302 Byte)

Ich denke, eine Radfahrerin könnte auch heute in solcher Garderobet für Unruhe unter Männern sorgen. Im Jahr 1898 war das freilich eine textile Kampfansage. Die wurde im öffentlichen Raum entsprechend oft mit Pöbeleien und sogar mit tätlichen Angriffen beantwortet.

Etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann ein eigentümlicher Kampf um die Silhouette der Frauen; der Frauen von Stand. Es ging in diesem Ringen um neue Regeln darum, die damals üblichen Einschnürungen der Frauenleiber zu lockern und das große Gewicht der vielen Stoff-Schichten von den Hüften weg zu bekommen, auf die Schultern zu verlagern.

Das "Reformkleid" wurde allerdings massiv angefochten, als "Reformsack" denunziert. Damen der besseren Gesellschaft waren mit einem Dresscode befrachtet, der ausdrückte, daß sie es nicht nötig hatten, körperliche Arbeit zu leisten. Das war für die Gesundheit der Frauen sehr belastend, denn so manches Ensemble ließ kaum jenes Repertoriere an Bewegungen zu, das uns selbstverständlich erscheint. Eine feine Art, Frauen an die Kette zu legen.

log107c.jpg (16943 Byte)

Der weibliche Bewegungsdrang, dem sich das "Safety", das Sicherheitsrad (beziehungsweise Niederrad) als phänomenales Vehikel anbot, legte in der Kleiderordnung harte Konventionsbrüche nahe. Was hier unter "Modebilder." erschien, stammt aus der Touring Zeitung von 1901, und ist sicher nicht gerade bewegungsfreundlich: "Radfahranzug aus Sommerloden mit Ledereinfassung.

In der Touring Zeitung von 1898 inserierte der "Wiener Miedersalon Palerma" das Weltradmieder "Palerma" als "das anerkannt beste Sportmieder der Gegenwart". Darin steckt die Frau noch erkennbar wie in einem Etui, doch dürften die verwendeten Stoffe schon leichter gewesen sein...

log107d.jpg (21374 Byte)

Hier eine größere Ansicht des ganzen Inserats: [link] Ich hab gerade die Worte "Frauen in Hosen" in die Suchmaschine gehauen. Das brachte unter anderem einen Eintrag vom 30.3.2013 auf der Schweizer Website elitepartner.ch:

"Warum haben so viele Frauen Probleme damit Frau zu sein? Irgendwie bekommt man heute den Eindruck Frauen wollen die besseren Männer sein. Was ist so schlimm Frau zu sein? Und was ist so schlimm daran sich Weiblich zu kleiden? Eine Frau in einem Sommerkleid ist doch ein toller Anblick. Scheinbar können dies nur Männer so sehen." [Quelle]

Aus dem gleichen Jahr stammt eine Kurier-Hotline: "Frauen in Paris dürfen nun Hosen tragen." Die erstaunliche Sachlage: "In der Modehauptstadt Paris war es Frauen bis vor Kurzem verboten, Hosen zu tragen. Ein Gesetz, das noch aus der Zeit der Französischen Revolution stammte, untersagte es Frauen, sich 'wie Männer zu kleiden'. Frauen in Hosen hätten demnach theoretisch festgenommen werden können – bis zum 31. Jänner 2013." [Quelle]

-- [Mythos Puch 2017] [Technikgeschichte | Fahrrad] --

reset [3/17] home