martin krusches [flame] backroads
emco NOVA R 2000

Ich war im ersten Moment irritiert, weil einem die Silhouette ganz klar „Vespa!" zuruft, aber es sind etwas kitschige Details an diesem Maschinchen, das paßt mit den präzise geführten Linien von Piaggo nicht zusammen. Im Näherkommen verrät ein Schriftzug an den Hüften, daß hier eine Elektrikerin steht.

Elektro-Vespa? Nein. Es ist eben bloß eine Design-Kopie mit zu unausgegorenen Elementen. Schwer vorstellbar, daß jemand die Italienerin mit derart plumpen Retro-Anmutungen versehen hätte. So fand ich es dann schon amüsant, daß ein Produzent das über Jahrzehnte entwickelte und verfeinerte Formenspiel derart kühn abkupfert.

Es wundert mich überdies, daß den Anbieter bisher kein Urheberrechts-Hammer getroffen hat. Das ist anscheinend alles nicht so einfach mit dem Musterschutz und seinen Implikationen. So heißt es auf der Website vollmundig: „Mit dem emco NOVA R 2000 machst du optisch einen Ausflug in die 60er Jahre und reist technisch in die Zukunft."

Selbstverständlich wird die Quelle verschwiegen. Statt dessen ein samtiger Hinweis: „Vor allem Retrofans haben ihre Freude am Design mit schönen runden Formen – eine Hommage an die Zeit von Petticoat und Kofferradio." (Bin gespannt, wann der erste Elektro-Schlapfen in Form eines 911er Porsche auftaucht.)

Das ist zeitgeschichtlich interessant, weil die Formensprache ja nicht den 1960ern, sondern den 1940ern entstammt und im italienischen Faschismus eingebettet wurde. Die Volksmobilisierung war eben nicht nur ein ideologisches Anliegen der „Fascisten", sie wollten der breiten Bevölkerung auch ein privates Kraftfahrzeug in Aussicht stellen, was bis dahin grade nur den wohlhabenden Leuten vorbehalten war.

Der emco-Roller verschweigt seine Wurzeln also in doppelter Hinsicht. Der Slogan „Nostalgie trifft Moderne" offenbart die nächte Schlamperei, da die Moderne schon über hundert Jahre alt ist, daher sogar älter als der „Paperino" von 1946, quasi die Ur-Vespa.

Macht alles nichts, wo wir in wohliger Bewußtlosigkeit und in „den aktuellen Modefarben minze oder mocca", wahlweise auch in der Farben der Mitternacht, durch die Gegend gondeln. Vielleicht hat sich da ja ein Produktdesigner gesagt: „Wenn die Italiener das nicht eingeführt hätten, ich schwöre, ich wäre ganz von mir aus auf eben diese feinen Formen gekommen."