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(LEADER, Regionalentwicklung, Politik, Oststeiermark, Bezirk Weiz)

• Reportage: Zukunft herstellen (Auf dem Weg zur LEADER-Region)
Von Martin Krusche

Ein Unternehmer könne sich nicht damit begnügen, über die kommenden drei, vier Jahre nachzudenken. Er müsse Vorstellungen entwickeln, wo er in 15 bis 20 Jahren ankommen möchte. Das gilt wohl auch für Gemeinden.

Gerald Gigler: „Eine LEADER-Region bracht klare finanzielle Rahmenbedingungen.“ Nicht bloß für ein Jahr, sondern „bis zum Ende der Programmperiode.“ Man müsse sich konkrete Ziele stecken und deren Erreichung überprüfen. Ferner seien „breit getragene regionale Organisationsstrukturen“ nötig.

Gigler warnt vor „Trittbrettfahrern“. Er betont die Notwendigkeit von „sozialen Kompetenzen im Rahmen des Gesamten“. Denn „es ist ein hoher Beteiligungsprozeß in der Region nötig“. Dabei müsse man der Neigung zu Konkurrenzverhalten und Eifersucht widerstehen können.

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Gigler: „Ich verstehe LEADER nicht als Förderungsinstrument. Es geht um
das Initiieren eines Prozesses. Alle erfolgreichen Projekte Europas bestätigen das.“

Diese Botschaft war übrigens auch schon von den Landeshauptleuten recht deutlich gekommen, als sie im Rahmen von „regionext“ erwähnt haben, daß die steirischen Gemeinden ihre Aufgaben zukünftig nur noch bewältigen werden, wenn es zu fruchtbaren Kooperationen kommt. Wer das in der Regionalpolitik nicht begreift, wird vermutlich selbst zur Belastung für die Oststeiermark werden.

Gigler sagt unmißverständlich, man müsse 50 bis 100 engagierte Leute aus Landwirtschaft, Kultur, Sozialem, Handwerk, Wirtschaft gewinnen, „um aus der Region etwas zu machen“. Denn: „Wirtschaftskreislaufketten unter einer regionalen Marke kann man nicht von oben verordnen. Das muß von unten getragen werden.“

LEADER+ ist ein EU-Programm, das der Entwicklung des ländlichen Raumes dient. Im Gegensatz zu den anderen Förderprogrammen ist es bei LEADER+ notwendig, sich als “Kleinregion” in Form einer LEADER-Aktionsgruppe (LAG) mit einem entsprechenden lokalen, sektorübergreifenden Programmplanungsdokument zu bewerben.

Das LEADER-Programm gibt es in der Steiermark seit 12 Jahren. Das gesamte Bundesland hat über das Angebot potentiell Zugriff auf 80 Millionen Euro. Diese Gelder sind nicht da, um Vorhaben rundheraus zu finanzieren. Sie bilden also keine „budgetäre Hängematte“. Aus diesem Topf können Co-Finanzierungen realisiert werden, die erreichbar sind, falls man bereit und in der Lage ist, zukunftsweisende Anforderungen zu bearbeiten.

Gigler sagt, es komme darauf an, Leitprojekte und Leitprodukte früh zu erkennen, das könne man gut nach innen vertreten. Das sei eine der Voraussetzungen, um nach außen Wirkung zu entfalten. Als Beispiel dafür nennt er die Region „Vulkanland“ rund um Feldbach, deren Schinken zum Symbol und Imageträger geworden ist.

Gigler: „Einen Fehler mit der Wahl der Marke kann man nur einmal machen.“ Das verlange dann nach einer energischen und inhaltlich klaren Neuorientierung. „Wenn es nach dieser Korrektur nicht paßt, ist die Marke verloren.“

Das „Innenmarketing“ habe eine wichtige Rolle in solchen Prozessen. Daß in vielfältigen Veranstaltungen und Vorhaben das gewählte Thema in der Region greifbar gemacht würde. Gigler weiß von Beispielen, wo fehlender unternehmerischer Mut zu versäumten Gelegenheiten führte, Defizite, die sich nie mehr aufholen ließen. „Man muß was riskieren und zum richtigen Zeitpunkt Geld in die Hand nehmen. Auch wenn man sich nicht ganz sicher ist.“

Gigler betont mehrmals: „Der Kerngedanke muß aus der Region kommen.“ LEADER soll dann die Diskussionskultur verbessern, versteht sich als Think Tank, bringt auch Anregungen, was erfolgreiche Regionen ausmacht. Und zwar europaweit. „Man kann andere Regionen nicht kopieren.“ Das bringe nichts. Aber man könne schauen, was sich bewährt habe und was nicht funktioniere. Kurz: ein weiter Horizont beim kritischen Betrachten von „best practice“ verbessert die eigenen Möglichkeiten.

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22•07