kunst ost | "What It Feels Like for a Girl" (dokumentation #12)

„Schuhfetisch: Bring deine Lieblingsschuhe mit“

Mirjana Peitler-Selakov

Ich liebe Schuhe seit ich mich kenne. Meine Familie ist überwiegend mit Frauen besetzt, so wuchs ich mit vielen bunten Kleidern, Schuhen und Accessoires auf. Stilprägend für den ganzen Weiber-Clan war meine jüngere Tante. Nada ist nicht gar so groß. Sie trägt immer hohe Absätze. Interessant ist, dass Sie in solchen Schuhen so was von einem sicheren Aufteten hat, dass man gar nicht drauf kommt, sie stünde auf einem winzigen Plateau in der Höhe von zwölf Zentimetern. Sie könnte in solchen Schuhen sogar tanzen! Und das auch Stundenlang! Das war für mich als zehn-, elfjähriges Mädchen ein Rätsel.

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Jahre später, nach eigenen Erfahrungen mit dutzenden von Schuhen, habe ich das Rätsel gelöst: Gute (und selbstverständlich schöne) Schuhe müssen was kosten. So habe ich eine Entscheidung für's Leben getroffen. Nie kaufe ich billige Schuhe. Lieber keine als irgendwelche.

Ich war noch neu in Österreich, absolvierte einen Deutschkurs und befand mich auf Arbeitssuche. Dementsprechend hatte ich nicht viel Geld. Und auch nicht viel Freunde. So verbrachte ich viel Zeit auf meinem Fahrrad, durch die Gassen von Graz kreisend. Ich schaute mir Häuser, Menschen und die Auslagen an.

Damals, 1992, gab es noch keine tollen Schuhe in Graz. Stiefelkönig und Humanic hatten überwiegend Rauhleder-Modelle, die mit zu einer Tracht, zum Dirndl am besten passen.

Schließlich kam ich in die Stempfergasse. Dort entdeckte ich „DAS Schuhgeschäft": Dominici. Seit meiner Entdeckung war in mindestens jede Woche einmal dort. Ich schaute, probierte, träumte… Kaufen konnte ich mir dort damals nichts, und dass jemand anderer für mich dort etwas kaufen würde, kam für mich nicht in Frage.

Mein „Spiel" mit dem Geschäft dauerte den ganzen Herbst und Winter, bis zum Frühling 1993. Ich bekam meinen ersten Job und meinen ersten Lohn.

Die Schachtel, die hier steht, habe ich ganz stolz hinten auf mein Fahrrad gepackt. Mein Spiegelbild in den Auslagen der Grazer Innenstadt kam mir nie mehr so toll vor!

Ich weiß, das sind nicht die schönsten Schuhe, die ich habe. Das waren sie nie. Ganz klassisch, schwarz und streng. Sie sind aber trotzdem bis jetzt meine Lieblingsschuhe geblieben.

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