kunst.rasen: assistenz, seite #6

Chance B klagt das Land Steiermark
Presseinfo

Nachdem die außergerichtlichen Verhandlungsgespräche zwischen dem Behindertenhilfsträger „Chance B" und Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser am vergangenen Freitag gescheitert sind, wird die Chance B nun eine diesbezügliche Klage gegen das Land Steiermark einbringen. „Wir bedauern, dass es so weit kommen musste, aber die unnachgiebige Haltung des Soziallandesrates macht dieses Vorgehen leider notwendig.

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Die vom Land Steiermark angebotenen Leistungsverträge bringen deutliche finanzielle Verschlechterungen für die Trägervereine und machen ein kostendeckendes Arbeiten für uns unmöglich", so die beiden Chance B-Geschäftsführer Franz Wolfmayr und Eva Skergeth-Lopic, „als Geschäftsführer haben wir bei der Führung des Betriebs die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns einzuhalten.

Ein Leistungsvertrag, der kein kostendeckendes Leistungsentgelt vorsieht und damit die dauerhafte Erwirtschaftung von Verlusten bedeutet, kann von uns schon aus rechtlicher Sicht nicht unterzeichnet werden." Die Unterzeichnung der vom Land angebotenen Knebelverträge hätte für die Chance B allein im Jahr 2012 einen Verlust von 738.000,- Euro bedeutet. Für die gesamte Branche der steirischen Behindertenhilfe wird allein für das Jahr 2012 ein kumulierter Abgang von rund 10 Millionen Euro prognostiziert.

Wolfmayr: „Der Soziallandesrat gefährdet durch seine Vorgehensweise die Existenz der Chance B und damit die Betreuung von knapp 800 Menschen mit Behinderung, die Leistungen bei uns in Anspruch nehmen."

Mit der Klage begehrt die Chance B im Wesentlichen:

Leistungsverträge zu angemessenen Bedingungen, insbesondere kostendeckenden Leistungspreisen; die Feststellung, dass das Land Steiermark für sämtliche Schäden, welche der Chance B aus der sittenwidrigen Ausnutzung seiner Machtposition entstanden sind, zu haften hat; die Unterlassung durch das Land Steiermark, in Zukunft Leistungsverträge mit rechts- und sittenwidrigem Inhalt anzubieten.

Zudem wird die Chance B das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz anregen, die Überprüfung der Leistungs- und Entgeltverordnung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen. Diese Verordnung wurde von der Steiermärkischen Landesregierung im Mai 2011 beschlossen und trat mit 01.06.2011 in Kraft. Sie enthält einen Entgeltkatalog, welcher die Tag- bzw. Stundensätze für die einzelnen Arten der Hilfeleistung auflistet. Diese sind nicht annähernd kostendeckend, wie eine vom Dachverband „Die Steirische Behindertenhilfe" angeregte Überprüfung durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungskanzlei bestätigt.

Da die Dauer dieses Rechtsstreites nicht absehbar ist, wird die Chance B beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz darüber hinaus eine einstweilige Verfügung beantragen, mit welcher die Existenz der Chance B bis zum Ende des Hauptverfahrens gesichert wird.

Vorgeschichte

Die Steiermärkische Landesregierung ist nach Bundesverfassung verpflichtet, Leistungen für Menschen mit Behinderung zu erbringen. Mangels ausreichender eigener Einrichtungen bedient sich das Land seit vielen Jahren dazu gemeinnütziger Organisationen, wie zum Beispiel der Chance B. Somit erbringt die Chance B Hilfeleistungen, welche das Land Steiermark eigentlich selbst erbringen müsste. Aus diesem Grund hat die Chance B – und auch die anderen Träger – einen Anspruch auf Bezahlung jener Kosten, die dem Betrieb durch die Erbringung der Hilfeleistung entstehen (kostendeckender Leistungspreis).

Im März 2011 hatte das Land Steiermark sämtliche Leistungsverträge mit allen Trägern in der Steiermark, sohin auch der Chance B, zum 31.03.2012 aufgekündigt. Dies erfolgte ohne jedweden sachlichen Grund. In der Folge wurden den Trägern neue Leistungsverträge angeboten, die keinen kostendeckenden Leistungspreis sowie zahlreiche Rechts- und Sittenwidrigkeiten beinhalten.

Der Verein „Chance B" wurde 1986 als Selbsthilfeverein von Eltern behinderter Kinder und Jugendlicher sowie von LehrerInnen der Allgemeinen Sonderschule Gleisdorf gegründet. Als Vereinziel wurde definiert, mit aktiver gesellschaftlicher Arbeit sicherzustellen, dass alte, kranke und behinderte Menschen in der Region leben können, mit allem was zu einem erfüllten Leben gehört. Zur Erreichung dieses Vereinszwecks wurden Dienstleistungsangebote für Menschen jeden Lebensalters aufgebaut, die dazu dienen sollen, behinderungsbedingte Benachteiligungen auf dem Weg zu einer selbständigen Lebensführung auszugleichen. Der Verein ist mittlerweile ausschließlich Interessenvertretung für Familien und Angehörige behinderter Menschen sowie für behinderte Menschen selbst. Für seine operative und wirtschaftliche Tätigkeit hat er gemeinnützige GmbHs aufgebaut.

+) Chance B


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