Mischa Lucyshyn: Thomas Paines "Das Zeitalter der Vernunft" (#49)

 

Kapitel I


Über das Alte Testament (i)


Es gibt aber noch viele andere Passagen, die über alle diese Bücher verstreut sind

und den gleichen Beweis liefern. So heißt es etwa in Exodus, einem anderen dem Moses

zugeschriebenen Buch, im Kapitel 16 Vers 34: "Und die Kinder Israels aßen vierzig Jahre lang Manna,

ehe sie in ein bewohntes Land kamen; sie aßen Manna, bis sie an die Grenzen von Kanaan kamen."


Ob die Kinder Israels Manna gegessen haben oder nicht, beziehungsweise ob es sich bei Manna

um Pilze oder doch Schwammerl gehandelt hat oder aber um gewöhnliches und landesübliches

Gemüse, spielt für das Argument keine Rolle. Alles, was ich zeigen will, ist, daß es nicht Moses sein

kann, der das geschrieben hat - denn der Bericht geht über die Lebenszeit des Moses hinaus. Gemäß

der Bibel (freilich ist die Bibel ein Buch so voller Lügen und Widersprüche, daß man nicht wissen kann,

welchem Teil von ihr man Glauben schenken kann - wenn man ihr überhaupt glauben kann) ist

Moses in der Wildnis verstorben und hat die Grenzen von Kanaan nie erreicht. Folglich kann es nicht

er sein, der beschreibt, was die Kinder Israels gemacht oder was sie gegessen haben, als sie dort

angekommen waren.


Der Bericht über den Mannaverzehr, von dem man behauptet, er sei von Moses verfaßt, erstreckt sich

bis in die Zeit des Josua, dem Nachfolger von Moses; so scheint es wenigstens, wenn man den Bericht

im Buch Joshua liest, der beschreibt, wie die Kinder Israels die Grenzen Kanaans erreichten, nachdem sie

den Jordanfluß überquert hatten, Josua, Kapitel 5, Vers 12: Am nächsten Tag ging das Manna zur Neige,

nachdem sie das alte Korn der Felder aufgegessen hatten. So hatten die Kinder Israels kein Manna mehr,

aber sie aßen noch im selben Jahr von den Früchten des Landes Kanaan.


Noch bemerkenswerter ist, was im Buch Deuteronomium geschieht, das man nicht nur heranziehen

kann, um zu beweisen, wie Moses unmöglich der Autor dieses Buches sein kann, sondern auch, um

zu zeigen, welche märchenhafte Annahmen man zu dieser Zeit noch über Giganten machte. Im

dritten Kapitel Deuteronomium wird, neben anderen dem Moses zugeschriebenen Eroberungen, von

der Gefangennahme von Og berichtet, der König der Stadt Bashan war - Vers 12: "Denn nur Og,

König von Bashan, war noch von der Rasse der Giganten übrig. Sehet, sein Bettgestell war ein

Bettgestell aus Eisen. Steht es nicht in Rabbath, der Hauptstadt der Ammoniter? Es ist neun

Ellen lang und vier Ellen breit, nach gewöhnlichen Ellen gemessen."

Ein Elle ist ein Fuß 9 888-1000stel Zoll, die Bettlänge betrug also 16 Fuß und 4 Zoll, seine Breite

7 Fuß und 4 Zoll. Soviel zum Bett eines Giganten. Aber nun zum historischen Teil: Wenn die Beweislage

auch nicht so schön und direkt wie in den vorhergehenden Fällen ist, so genügt sie doch, um mein

Argument zu untermauern, und ist sicher besser als die besten Gegenbeweise der Gegenseite.


Der Verfasser beschreibt das Bett wie ein antikes Schaustück, um so die Existenz dieses Giganten

zu beweisen, und sagt: Steht es nicht in Rabbath (oder Rabba), Hauptstadt der Ammoniten? Was

so viel meint wie: Ja, dort steht es. Diese Methode wird in der Bibel oft verwendet, um eine Sache

zu bekräftigen. Nur - es kann nicht Moses sein, der das schreibt, weil Moses hatte noch keine Ahnung

von einer Stadt mit dem Namen Rabbath, noch konnte er wissen, was es in dieser Stadt alles gab.


Rabbath gehörte nicht zu diesem Riesenkönig, noch wurde sie von Moses eingenommen. Die Stadt

wurde erst vierhundert Jahre nach dem Tod des Moses erobert - und aus dieser Zeit nur kann

das Wissen um die Details jenes Bettes und dessen Abmessungen stammen. Siehe dazu im

zweiten Buch Samuel, Kapitel 12, Vers 26: Und Joab (Davids General) kämpfte um Rabba, die

Hauptstadt der Ammoniter, und nahm die Königsstadt ein."


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Photo: Nische vor der Kirche der Barmherzigen Brüder, Taborstraße Wien

Ein Plakat in der Kirche wirbt:

Wer Menschen Kraft
geben will,

wird Fitness-Trainer
oder
Priester.

www.berufungen.at

 


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