21. Oktober 2005

Es sieht so aus, nein, es ist schon klar, daß ich eine zentrale Annahme in meiner Arbeit verwerfen muß. Einige Jahre hat mich die Überlegung beschäftigt, daß in der neuen Mediensituation das alte Denkmodell des Verhältnisses von Zentrum und Provinz neu gedeutet werden müsse. (In der "Verschwundenen Galerie" war mir das noch ein Ausgangspunk.)

Inzwischen scheint überdeutlich, das Denkmodell hat ausgedient. In einem Plauderstündchen mit Andreas Mayer, Mastermind von "Space Unit", hat er mir ein Motiv ins Blickfeld gerückt, das schon sehr lange die Situation zu prägen scheint. Die Konfrontationen zwischen Nomaden und Seßhaften. Zwischen Nutzern und Besitzenden.

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Die Mauern der Stadt definieren ein Innen und schließen aus. Die Innovationen kommen immer von draußen. Sie stellen die Ordnung im Inneren in Frage. Wo die realen Mauern längst gefallen sind, haben die Seßhaften offenbar neue Mauerarten kreiert, um wieder ein Innen und ein Außen herzustellen.

Das alles legt nahe, vor allem einmal die aktuellen Vorstellungen von "Stadt" energisch zu überprüfen, ob denn das, was wir bewohnen, sich überhaupt noch über die vertrauten Bilder erklären läßt. Das Thema will also weiter bearbeitet sein ...

Cut!

Die IG Autorinnen Autoren hat eben die neue Fassung des Kataloges österreichischer Kunst-, Kultur- und Autorenverlage herausgebracht. Das Verzeichnis ist über ig_at_literaturhaus.at erhältlich.

log538b.jpg (15598 Byte) Cut!

Peter Handke mußte sich über viele Jahre unterstellen lassen, er sei ein Anhänger des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Slobodan Milosevic.

Unter anderem, weil er das Haager Tribunal immer wieder kritisiert hat. Ähnlich erging es im Landtagswahlkampf den steirischen Kommunisten, denen die Kritik an DenHaag von den Grünen als Parteinahme FÜR Milosevic ausgelegt wurde. (Siehe Eintrag von 7. Juli etc.)

Erstaunlich genug, daß man immer wieder daran erinnern muß, wie die "Unschuldsvermutung" gemeint ist und daß sie in der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" festgeschrieben ist. (Artikel 11)

Wie also sich eine Demokratie daran messen lassen muß, welchen Umgang sie einem mutmaßlicher Verbrecher angedeihen läßt, müssen die Institutionen der Rechtssprechung kritisierbar sein. In seinem Text "Die Tablas von Daimiel" (2005) formuliert Handke derlei Kritik zum Beispiel so:

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Bei anderen Gelegenheiten hat er dem Tribunal seine Autorität schlicht abgesprochen. Was ist nun der Fall? Erscheint solche Kritik angebracht? "Der Spiegel" titelte in der Ausgabe 41/2005: "Kroatien: Basar auf dem Kirchberg". Im folgenden Beitrag heißt es unter anderem:

log538d.jpg (36830 Byte) Es weist also allerhand darauf hin, daß dieses Tribunal auf ausreichenden politischen Druck zu reagieren bereit ist.

Wie der Fall der EU-Beitrittsverhandlungen mit Kroatien zu belegen scheint. Die nahe Zukunft wird sicher Klärung bringen, was an diesen Eindrücken dran ist.

Ganz offensichtlich ist es überaus angebracht, solche Institutionen regelmäßig kritischen Prüfungen zu unterziehen. Handkes Skepsis scheint also sehr gerechtfertigt.

Auch der auffällige Jubelruf "Bye, Bye Balkan", den man unlängst aus Kroatien vernehmen konnte, stimmt nachdenklich.

Nachdenklich, was denn ein EU-Europa seinen Nachbarländern signalisiert. Und wie dieses EU-Europa sich zu seinen südosteuropäischen Nachbarn stellt, soweit sie sich nicht innerhalb der Schengen-Grenzen befinden oder demnächst befinden werden.

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