1. Dezember 2005

Zu den gestern weitergeführten Reminiszenzen in den Ernährungslagen Umtriebiger und Nachtschwärmer hab ich auf der Train-Liste nachgefragt, was da noch so erinnerlich ist. Carlos Katastrofsky, den es gerade in eine Endlosschleife mit Google gehaut hat, schrieb mir:

ich kann folgendes anbieten - in tirol is(s)t man da verbal härterer gangart:
- a bluatige (leberkäsesemmel mit ketchup)
- a bempfige (leberkäsesemmel mit senf)
- a eitrige (man / frau ahnt es: mit mayo)
beliebige kombinationen auch mit anderes zutaten (a scharfe = pfefferoni, saure = gurke, etc.) sind üblich.
lg c.

Mein Dämon Vogeltanz merkte an:
bitte alles, nur keine kochbananen!!!

Cut!

Gestern habe ich Gärtner Adi Ruprecht besucht, ich fange ja nun an, einige Sequenzen meines CyberTrails in die Erde zu graben. Er hat mir auf seinem Anwesen ein Stück Bodens zur Verfügung gestellt.

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So wird heute der eigens dafür angeschaffte Spaten zum Einsatz kommen. Um eine Grube von 185 mal 85 Zentimetern entstehen zu lassen, exakt das Maß der Zellen eines Folterknasts in Damaskus. Man bekommt von solchen Maßen ja erst eine brauchbare Anschauung, wenn man real drinnen steht.

Apropos Folterknast in Damaskus. Im gestrigen "Standard" fand ich Condoleeza Rice im Zitat. Frau Rice hat also, wie sich zeigt, ins Orakelfach gewechselt und befaßt sich nun mit Prophetie. Was ja durchaus zum Büroprofil ihres Chefs, des stammelnden Predigers, paßt.

Aber es widerspricht nun mal den Konventionen der Justiz.

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Und es widerspricht der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte". Es sind die aktuellen Reden von Bush sehr beunruhigend. Diese längst kompromittierte Heldenpose des "Wir werden uns nicht beugen!" und "Wir werden nur als Sieger daraus hervorgehen!" ist das rowdiehafte "Nur einer geht hier lebend raus!"

Faktum bleibt, daß Bush und seine Crew den Dschihadisten einen phänomenalen Auftrieb verschafft haben, so kraftvoll hat man in die Glut geblasen. Sie erweisen sich demnach zunehmend selbst als das Problem, gegen das sie anzutreten behaupten. Denn dieser "Krieg gegen den Terror" mindert den Terror merklich nicht, sondern steigert ihn seit geraumer Zeit.

Cut!

Welt. Aids. Tag. Das bedeutet etwa im Subsahara-Gebiet, daß Aids-Waisen sich selbst überlassen sind. Das bedeutet etwa, daß in einem Haushalt von sechs Personen der Älteste 13 Jahre alt ist.

Cut!

Es steht also der Verschnitt von Raffaels Sixtinischer Madonna für die Behübschung einer kulturellen Schutthalde, die noch aus den Altlasten wenigstens zweier Jahrhunderte herausgearbeitet werden muß.

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Die Idyllenheuchelei ist ja weniger ein moralisches Problem als der deutliche Indikator für die rauhen und teils demütigenden Zustände in den abertausenden Wohnzimmern. Wer selbst Kinder hat, wird mir vielleicht zustimmen können, daß ein Eltern-Kindverhältnis a priori von einigen Interessenskonflikten geprägt ist. Von teils massiven Interessenskonflikten.

Woran nichts schlimmes wäre, wenn die Behandlung dieser Interessenskonflikt nicht so sehr aus einer Kultur der Machtausübung geschöpft wäre. Denn die pädagogischen Prinzipien und gesellschaftlichen Ideale während der grade erwähnten rund zwei Jahrhunderte sind bis über den Zweiten Weltkrieg herauf unübersehbar und unleugbar von Hierarchie, Zurichtung und Züchtigung dominiert.

Man muß schon ein Heuchler oder ein Agent der Blödheit sein, um nicht sehen zu können, wie sehr diese Tradition eine Tradition der systematischen Demütigung ist. Oder aber, man ist selbst so hart Opfer von Demütigungen geworden, daß man, um wieder atmen zu können, sich ganz dem Idyllengeschäft verschreiben mußte.

Denn schon Kinder erfahren mitunter, was man verkürzt so beschrieben könnte: Will man unter der Faust eines Peinigers überleben, emotional, physisch, dann geht das oft nur mehr, indem man sich mit dem Aggressor identifiziert. Dazu muß man sich selbst in gewisser Weise völlig aufgeben.

Ich denke, das ist eines der Hauptmotive im Idyllengeschäft. Und Raffael auf diese kleinen Putti zu reduzieren, die uns nun überall in der Stadt um die Ohren flattern, ist ein trauriges Echo dieser Vorgänge.

Cut!

Tina Salhi von den "Frauen in Schwarz" hat mir zu diesem Thema einige Grafiken von Pedro Negro geschickt. Da haben wir zum Beispiel so ein junges Derivat des "Ideals vom soldatischen Mann", der natürlich mords ein Kerl ist ... wie jeder vaterländische Schreihals, solange ihm keine Granate Fleisch aus dem Leib reißt.

Das hätten wir schon bei Bertha von Suttner nachlesen können, was aus den feschen Ulanen so wird, wenn ihnen ein Schrapnell die Rippen blanklegt. Aber auch die Lektüre Tolstois empfiehl sich sehr, falls man wissen will, wohin des resche Feschsein letztlich führt ...

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Hier also Negros Deutung der Leitikone des Stracherismus, welcher sich vom Feschismus herleitet, das hab ich ja unlängst skizziert. Wir haben ganz offensichtlich noch viel zu tun, uns selbst diese Zusammenhänge klarzulegen. Wie nämlich gehabte Verletzungen dazu führen, daß man ein Idyllengeschäft ankurbelt, welches seinen Fortbestand darauf gründet, andere zu verletzen.

Das Hauptgeschäft ist dabei das nachhaltige Zudecken und Ertragen des eigenen gehabten Grauens. Darin exponieren sich natürlich nicht bloß Mannsbilder ...

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