1. März 2006

Ich hab in meinem engeren Umfeld vollmundig erklärt, das Faschingstreiben würde ich meiden. Dann drang der Faschingstrubel so wuchtig zu mir herein, daß ich losgegangen bin, um mir den Zug anzusehen, der unter unter meinem Küchenfenster seine Bahn hatte.

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Für meine Bildversessenheit war das eine sehr gute Enstcheidung. Merkwürdig, daß der Begriff des Hungers auf so viele Bereiche umgelegt wird, aber nicht auf die Augen.

Cut!

Weiter in der Sache "Kafka-Maschine". Johannes J. Musolf bezieht sich auf Kafkas Text "In der Strafkolonie", in seinerm Objekt ist die Situation aber gewendet:

»Von meinem Objekt "In Betrachtung des Gesetzes", wo der Delinquent sich das Gesetz nicht in den Rücken schreiben läßt, sondern der Maschinerie zusieht, hänge ich Dir ein Bild an. Man muß die Maschine bannen!!!«

Dazu hat er ein Zitat von Bazon Brock gefunden:

»Der Schaltknopf an jeder Maschine ist der entscheidende Teil; gottherrscherliche Entscheidungen über das Einschalten und Ausschalten, ob an der Herzlungenmaschine oder an einem Fleißband, an einer Fernsehkamera oder im Atomraketensilo, sind die eigentlichen Schöpfungsakte des autonomen Individuums, wenn es rabiate Lustphantasien und das heißt Omnipotenzvorstellungen entwickelt.

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Vor ihnen müssen wir uns fürchten, wie einst vor den omnipotenten Göttern und Geistern.« (Bazon Brock: Jungfrauenzeugung und Junggesellenmaschine, in Harald Szeemann: Junggesellenmaschine, Venedig 1975)

[Kafka-Maschine]

Cut!

Das ist der erste März. Und aus Beograd wird kolportiert, der Kriegsverbrecher Ratko Mladic werde innerhalb dieses Monats Den Haag erreichen. Die aktuelle Situation wird allgemein so gedeutet, daß Serbien sich den Weg in die EU nicht verbauen möchte. Und daß man nun beginne, sich mit der eigenen Rolle im Sezessionskrieg auseinanderzusetzen.

Serbien hat, so könnte man polemisch verkürzt sagen, alle seine Kriege verloren. Es war in den 1990ern vielfach Aggressor. Nicht der einzige Aggressor. Aber sicher der exponierteste. Wenn der Wunsch nach "nationaler Größe" mit einer so umfassenden Niederlage endet, durchdringen die Risse jeden Bereich eines Landes. Und was macht man mit den Proponenten der Aggressionen?

Europa hängt selbst teilweise noch daran fest, den Typus "soldatischer Mann" als beliebtes Motiv seiner Ikonographie zu hätscheln. Man braucht sich bloß gängige Action-Knaller anzusehen. Dann wird schon klar, was ich meine. Der mentalitätsgeschichtliche Hintergrund solcher Inszenierungen liegt im einstigen "Wertekonzept", das Heer als "Schule der Gesellschaft" zu betrachten. Das ist ein Stück unser aller Geschichte.

Serbien hat das für sich noch einmal auf blutige Art paraphrasiert. Ein ebenso furchterregender wie zutiefst europäischer Abschluß des 20. Jahrhunderts. Das Heldenbild, wie es dem Ratko Mladic angeheftet ist, bekommt nun langsam andere Kontraste. Im "profil" wurde eben der serbische General Jovan Diviak zitiert:

log645c.jpg (7539 Byte) Dieses erbärmliche Bild muß man gar nicht weiter kommentieren. Was sollte man noch anmerken,. wenn dem bekannt großmäuligen und brutalen Mladic so einen Befund zugestellt werden kann? Heldenrealitäten!

Kommt uns das alles nicht sehr bekannt vor? Ich bin mit diesen Heldenbildern aufgewachsen. Als Blutsverwandter jener Täter, die hinterher alle gute Soldaten und brave Männer gewesen sein wollen. Mir kommt das SEHR bekannt vor.

[Balkan-Reflex]

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9•06