19. März 2008

Was, wenn da nichts ist? Diese Frage hab ich vor einigen Tagen hier notiert. Nach der begegnung mit der Crew von "collabor.at". Wie verhalten sich die Artefakte der Kunst zu den Inhalten und Bedeutungen? Oder ist eigentlich die Frage viel wesentlicher, wie sich die Menschen zu den Inhalten und Bedeutungen verhalten? So oder so: Relationen. Und viel Unsagbares.

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Derlei stand zur Debatte, als sich nun die Crew von "next code: cruise" mit dem Maler Hannes Schwarz traf. Denn wir gehen davon aus, daß unser Tun als Kunstschaffende zu einem wesentlichen Teil auf den Vorleistungen anderer beruht. Weshalb wir uns damit befassen, etwas davon in dieses Projekt einzubeziehen, es da zum Klingen zu bringen. Zumal uns hier jemand gegenüber steht, genau nicht als kunstgeschichtliche "Antiquität", sondern als leibhaftiger Repräsentant genau dessen; zumal jemand wie Schwarz, der in seiner Biographie das gesamte 20. Jahrhundert birgt.

Der Zweifel bleibt in all dem von tragender Bedeutung, egal wie viele Jahre, Jahrzehnte an Arbeit man absolviert hat. (So viel war mit ihm schnell geklärt.) Ohne daß man es nach außen dünkelhaft vertreten muß, bleibt doch bestimmend: Ein leichtfertiges Anwenden des Begriffes Kunst kommt eigentlich nicht in Frage.

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Das ergibt sich übrigens auch aus meinen Gesprächen mit Mark Blaschitz und dem SPLITTERWERK, wo diese Angelegenheiten gerade neu behandelt werden:

>>Der Auftraggebende und wir als Künstler befinden uns in einem kulturellen Kontext. Wenn ein Auftraggeber zu uns sagt, wie etwas zu machen ist, wie etwas auszusehen hat, kann er das tun. Aber ob wir dem Folge leisten, ist unsere Verantwortung der Arbeit gegenüber. Deswegen akzeptieren wir auf keinen Fall, wenn es heißt, ein Auftraggeber sei mit unserem Werk nicht einverstanden. Seine Kritik hat nicht mehr Gewicht, als die Kritik jeder Person, die sich dazu äußern will.<<

Wir bereiten gerade die erste Session von "next space" vor, die vor dem Hintergrund konkreter sozialer Situationen und Fragestellungen in der Region den Angelegenheiten der Kunst gewidmet sein wird. Unsere Debatte bezieht sich auf ein Streitgespräch, das wir während der Vorbereitungen zu "next code: love" geführt haben. Das hatte sich an der Frage entzunden, ob denn Produktionskkosten von außen gestellt werden müßten, damit sich Kunstschaffende überhaupt erst zur Erstellung von Werken aufraffen würden. (Eine Option, der auch Hannes Schwarz mit Jahrzehnten seines Tuns entgegensteht.)

Eine Vorstellung, die offenbar immer populärer ist: Es gibt nur dann eine Ausstellung, wenn Weke vorfinanziert werden.

"Wollen wir hinter die Rennaisassance zurück?" hatte ich eingeworfen. "Zurück an die Rockschöße von Fürst und Bichof, ohne deren Zuwendung es also kein Werk gäbe?" Dem gegenüber müsse doch ein "Plan B" bestehen, weil sonst die Vorstellung einer Autonomie der Kunst arg hinkt. Inzwischen haben wir aus derlei Debatten einige Schlüsse gezogen.

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Aber vor jener kommenden Session absolvieren wir mit dem Philosophen Erwin Fiala noch eine Station, die der Frage "Was ist Kunst?" gewidmet sein wird. So läßt sich nun redlich behaupten, wir bringen hier Theoriearbeit, künstlerische Praxis und Vermittlung auf eine Art zusammen, das machen die "Zentrumsleute" auch nicht besser.

Warum das wichtig ist? Es geht hier nicht um ein Rittern gegenüber dem Zentrum, sondern um die Arbeit am Anspruch "Provinz war gestern!" Das ist einerseits für Kunstschaffende wichtig, die hier in der Oststeiermark leben und nicht in ein Zentrum abwandern möchten. Das trägt andrerseits eine kulturpolitische Themenstellung, für welche die Regionalpolitik hier erst so langsam warmzulaufen beginnt.

Das sind Aktivitäten, die ausdrücklich GEGEN eine kulturpessimistische Deutung stehen, wie sie unter Leuten in der "Provinz" vorkommt, die den Zentrumsleuten zuarbeiten, indem sie die Zuschreibung "Provinzler" übernehmen und freiwillig auf sich selbst anwenden. Vor rund einem dreiviertel Jahr war in einer Polemik zu lesen, man lebe in der "Provinz hinter der Provinz". Das muß einem natürlich frei stehen, ist aber keine interessante Option. (Siehe den Eintrag vom 15. Juni 2007!)

Es sollte auch Konsens bestehen, daß eine "Urbanisierung der Provinz" keine sinnvolle Möglichkeit ist. Konzepte, die man aus den Zentren übernehmen wollte, taugen nichts für die Region.

Was dann? Ganz einfach! Situationen schaffen, die Interesse wecken und Qualitäten bieten, wie man sie bisher eher in den Zentren erwartet hätte. Auf einmal ist die "Zentrum-Provinz-Debatte" vom Tisch, denn da bleiben ja eigentlich gewichtiger Fragen zu behandeln; wie etwa: Was ist Kunst?

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12•08