24. Juli 2008

log1172a.jpg (30235 Byte)

Plauderstündchen mit dem amerikanischen Singer-Songwriter Chuck LeMonds, zugleich Lokalaugenschein im neuen Gleisdorfer "Weltladen". Unsere Session am 1. August wird zum Auftakt genau davon handeln, einem Plauderstündchen.

Die bei uns verfügbaren "Ost-West-Ressentiments", eigentlich vom Westen nach Osten gerichtet,.auch von Norden nach Süden, aber ebenso in die Gegenrichtungen verfügbar -- was für ein Durcheinander! --, trüben die Blicke auf ganz andere Realitäten. (Realitätensalat. Richtig! Ich halte Ressentiments für Quasi-Realitäten von keineswegs schwächerer Kraft als das, was allgemein als "Konsensrealität" durchgeht.) log1172b.jpg (4377 Byte)

Das Amerika von LeMonds ist freilich nicht das Amerika der Bush-Administration. Wer von uns kennt davon andere Seiten? Ich habe Chuck eingeladen, für unsere Veranstaltungsreihe einen Beitrag zu bringen, weil ich deutlich und greifbar machen möchte, daß der Mangel an Dialogsituationen nicht bloß dem "Orient" gegenüber besteht. Selbstdefinition durch Feindmarkierung ist ein internationales Phänomen.

Die Darstellung der Welt in Stereotypen ist es ebenso. Ein gutes Mittel gegen solche Weisen der "Weltbeschreibung", gestützt auf Ressentiments und Stereotypen, ist die reale Begegnung mit Menschen von da wie dot, ist der persönliche Augenschein.

Cut!

Apropos Amerika. Barack Obama wird inzwischen mit einer wachsenden Auswahl an Witzen gewürdigt und an etlichen Stellen als "Obambi" gefeatured. (Was vermutlich mit "treuherzig und harmlos" assoziiert werden darf.) Autor Michael Roloff schickte mir eine kleine Auswahl. Mein Favorit:

>>Barack Obama and a kangaroo pull up to a gas station. The gas station attendant takes one look at the kangaroo and says, "You know, we don’t get many kangaroos here." Barack Obama replies, "At these prices, I’m not surprised. That’s why we need to reduce our dependence on foreign oil."<<

Cut!

Es wird den Menschen auf dem Balkan oft eine besondere Blutrünstigkeit zugeschrieben. Ein Motiv aus dem Stereotypen-Kistchen, empirisch nicht belegbar. "Normalität" birgt den besonderen Schrecken.

Harald Welzer hat in seinem Buch "Täter" den Autor Primo Levi zitiert: "Es gibt die Ungeheuer, aber sie sind zu wenig, als dass sie wirklich gefährlich werden könnten. Wer gefährlich ist, das sind die normalen Menschen." Es ist also interessant, unter welchen Rahmenbedingungen die "Nomalität" Pause macht.

Die Greuel von Srebrenica stehen außer Diskussion, die Opfer der Massaker wurden gefunden, über die Täter gibt es viel Klarheit und einiges Videomaterial.

Als ein Hauptverantwortlicher für diese und ähnliche Kriegsverbrechen, wie auch für die Belagerung von Sarajevo, gilt Radovan Karadzic.

"Der Doktor" war untergetaucht, ist aber nun aufgestöbert worden. Er wird sich einem Verfahren stellen müssen.

Ich habe mir erzählen lassen, in Serbien gehe die Rede, die Regierung habe inzwischen gebilligt, daß ausländische Geheimdienstleute sich im Lande der Sache annehmen würden. Mit der lakonischen Begründung: "Die sind sowieso da und aktiv."

log1172c.jpg (20765 Byte)

Ich weiß nicht, ob das stichhaltig ist, oder ob es Ausdruck jenes etwas grimmigen Humors, den ich dort schon einige Male kennengelernt habe. Es heißt, dazu haben sich bosnische Geheimdienstleute gefunden, die bereit waren, ihr Leben bei dieser Suche nach Karadzic hinzugeben.

Die Headline der gestrigen "Kleinen Zeitung" erscheint mir bemerkenswert. Ich halte sie für eine ironisch Anspielung auf ein Buch von Peter Handke und auf seine medienkritische Haltung während und nach dem jugoslawischen Sezessionskrieg:

"Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina
oder Gerechtigkeit für Serbien" (1996)

Ich bin neugierig, ob sich wird feststellen lassen, in welchem Maß es der westlichen Presse tatsächlich um "Gerechtigkeit" geht. Alos ein umfassendes Betrachten der Ursachen für diesen Sezessionskrieg. Denn unterm Strich tauchen vermutlich nicht nur interne Ursachen für diese "Zerstörung Jugoslawiens" auf. Da werden wohl auch externe Interessenslagen zur Diskussion stehen müssen.

Unabhängig von der Evidenz bezüglich der Sachverhalte, der Täter und Opfer von Srebrenica, wird man in Serbien sicher erwarten, daß im Zuge der Debatten über diesen Krieg und diese Ereignisse auch davon gesprochen wird, was noch alles in dieser Region geschehen ist.

Die Gewalttaten hatten auch mit Serien von Morden an serbischen Leuten eine starken Akzent. Es erschiene verfänglich, diese Vorfälle als "Auftakt" zu bezeichnen, weil so ein kausaler Zusammenhang angedeutet wäre, den zu behaupten bei Kriegsverbrechen unangemessen ist. Ein "Relativieren" von Verbrechen wäre zynisch. (Wir haben in Österreich damit nach dem Zweiten Weltkrieg reichlich Erfahrung gesammelt.)

Wie sich zeigt, stehen mutmaßliche Täter zur Debatte und schließlich auch vor Gericht. Das ist der geforderte Standard zeitgemäßer Demokratien. Serbien ist davon keienswegs ausgenommen, serbische Täter sind vor keiner Verfolgung sicher.

Ich habe gehört: "Mit Radko Mladic wird das schwieriger. Der war kein Zivilist, sondern Militär." Was bedeutet, da sind noch ganz andere Netzwerke akltiv ...

[Zu Peter Handke]


[kontakt] [reset] [krusche]

30•08