7. Oktober 2008

„Wirtschaftsexperten sehen weitreichende Folgen der Finanzkrise für Europa und Amerika.“ Wo hab ich diesen Satz aufgeschnappt? Deppenradio im Kaufhaus? Hintergrundfolie in der Pizzeria? Ja, es ist mir tief zuwider, daß ich fast überall Deppenradio und Mainstream-Tralala-Pop hören muß, gelegentlich von kurzen Ansagen unrterbrochen, die sich als "Nachrichten" ausgeben.

Experten. Sehen. Na endlich! Und die Innenpolitik erzählt uns noch immer nicht, daß sie uns lieber „die Ausländer“ zu Fraß vorwirft, als die eigenen Verstrickungen zu thematisieren, daß sie lieber den Rechsextremen Futter liefert, als die eigenen Positionen zu reflektieren.

Gerade laufen beim Ehemann einer vormals hochrangigen Politikerin der ÖVP Hausdurchsuchungen. Er steht im ernsten Verdacht, mit Schmiergeldzahlungen zu tun zu haben, durch die Österreich den mehr als kuriosen Deal mit den „Eurofighters“ realisiert hat. Kampfflugzeuge, die der Nation schon Probleme bereitet haben, da waren noch gar keine von den Jets da.

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Apropos Ausländer. Als ich gestern bei Mehmed mein Mittagessen bezahlen wollte, hatte ich nur rumänische Lei in der Tasche, keine Euro. Also mußte ich die Zeche schuldig bleiben. Was man auf diesem Schein über zehn Lei sieht, dürfte ein Bojaren-Haus sein, wie es Joachim Vossen in seinem Buch über die Stadt beschrieb. Die eigentliche bauliche Sensation sind aber die „Hanuri“, alte Karawansereien. In eine davon, eine der bedeutendsten, bin ich durch Zufall gestolpert. Aber davon später.

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Ich war also Mehmed meine Zeche schuldig geblieben. Nachmittags saß ich mit Hannes Felgitsch (oben), dem Gleisdorfer Kulturreferenten, bei einem Kübel Kaffee, um den aktuellen Stand der Projekte mit ihm zu besprechen. Da kam Mehmed mit seiner Tochter des Weges und bat mich einen Moment zur Seite.

Sehr diskret bot er an, mir mit 50 Euro auszuhelfen, falls ich zur Zeit knapp bei Kasse sei. Ein Kurde, der drei Kinder durchzubringen hat, wofür er mit seiner Frau sieben Tage die Woche hart arbeitet. Schöne Grüße an das Rassisten-Gesindel, das es in unserem Land auf fast 30 Prozent gebracht hat.

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Und erzähle mir niemand was von „Ach, das sind bloß Protestwähler.“ Elfriede Hammerl hat es im "profil" auf diesen Punkt gebracht, daß man in einer Demokratie natürlich wählen darf, wen man will, aber wir sollten uns nicht vormachen, „daß sie gar nicht wirklich wollen, was diejenigen wollen, die sie gewählt haben, auch deshalb nicht, weil das arrogant wäre ...“

D’accord! Ich höre außerdem Argumente wie: „Wenn die Rechten gar so rechts wären, würde unsere Verfassung das nicht zulassen.“ Blödsinn! Weshalb sollten wir uns so umfassende Gesetze wünschen, daß ein BZÖ und eine FPÖ verboten werden könnten? Man kann Gesetze beugen und umgehen. Das darf doch nicht heißen: Her mit härteren Gesetzen! Das fordert statt dessen eine streitbare Demokratie.

Cut!

Die stets gleiche Prozedur. Auf den Tag der Abreise hin eine merkliche Beschleunigung des Tuns, als müßte die Zeit der Abwesenheit durch eine Vorleistung verdient werden. Als wäre ein Tribut zu leisten. Dabei ist es in Wahrheit genau umgekehrt. Das Reisen gebiert stets eine Fülle, die dann aus den Reisetagen heraus überquillt. Es müßte also davor und danach Platz geschaffen sein, um all die neuen Eindrücke, Anregungen, Ideen gut betten zu können. Diese Reisen sind der Reichtum, die Reisekosten ein bescheidener Ersatz dafür.

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Sonnenuntergang am Flughafen. Ein vorzüglicher Auftakt. Richtung Bukarest passiert man eine Zeitzone und ist plötzlich eine Stunde später im Tag. Natürlich ging mir die Stunde nacht ab. Dafür etwas anderes. Mein Gepäck. Selakov und ich blieben ohne diese angenehme Bürde auf dem neuen Terrain, während Meister ihren Koffer vom Band ziehen konnte. (Vorsicht, Klischeefalle!)

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[breathe slow in the fast beat of bucharest]


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