7. Juni 2009

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Da ich in Bücher und Filme vernarrt bin, liebe ich Ramschkisten, denn das bedeutet ganz einfach: Mehr davon fürs gleiche Geld. Die Gebrauchsspuren an den Fundstücken stören mich keineswegs. Im Gegenteil. Dieses kleine Stück Verbundenheit mit den Lebensabschnitten anderer Menschen über die gemeinsame Verwendung dieser teils abgespielten und teils zerfledderten Gegenstände ist für mich einer der Aspekte, wie sich Kultur ereignet.

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Kultura. Umetnost. Nauka. Eine Headline in der serbischen Zeitschrift "politika", Mitbringsel von der Reise. Kultur. Kunst. Wissenschaft. (Ich bin auch in Zeitungsausschnitte vernarrt, die ich temporär horte.) Da heute in Österreich Wahlen stattfinden, geistern so merkwürdige Slogans durch die Gegend. Ich höre zum Beispiel: "Für ein starkes Europa". Aber ich erfahre nicht, was genau damit gemeint ist.

Es geht ja nicht bloß um Verständigungsschritte über zwei verschiedene Codes hinweg, wie "Latinica" und "Cyrilica". Das Geblöke der Vaterländischen lenkt davon ab, welche Aufgaben eigentlich vor uns liegen. "Gemeinsam". Was heißt das und wie geht das?

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Vor ziemlich genau einer Woche habe ich ein erhebliche Lektion in diesen Fragen erhalten. Als ich Reuf Travancic begegnet bin. Er sprach für die Familie, "weil ich heute der Älteste bin", was unter anderem darauf hinweist, daß im Sezessionskrieg Jugoslawiens viele Leute nicht alt geworden sind.

Der Bosniake war von Serben in das Lager Omarska gesteckt worden, wo es für die Muslime nur sehr schlechte Überlebens-Chancen gab. Es gibt Dokumente über diese Geschehnisse, die mehr als furchterregend sind.

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Dieses Protokoll, in dem Reuf genannt wird [Quelle], läßt erahnen, WELCHE Arten von Barrieren zwischen den Überlebenden und Nachgeborenen während des gesamten 20. Jahrhunderts aufgerichtet wurden.

Ich habe in Beograd erlebt, wie ein Begegnen unter jenen möglich ist, denen Opfer und mutmaßlich auch manche Täter angehören. Das ist freilich auch ein Gehen auf dünnem Eis. Und die Sorge, daß der Boden da oder dort nachgeben könnte, wenn die Nacht lang ist, blieb präsent, als serbische, kroatische und bosnische Leute die Tische teilten.

Wie störend sind dagegen die vaterländischen Töne der Idioten, die mir zuhause die Blicke auf das verstellen, was wir hier nach 70 Jahren noch immer nicht verläßlich geordnet haben. Ich lese das sogar in regionalen Gazetten. Der Haupttrick, den hier jeder Depp beherrscht: Die Begriffe "Schuld" und "Verantwortung" vertauschen.

>>Der Preis der ewigen Schuld und
des Verlustes der Identität schlußendlich.<<

So klingt das aus der "spitzen Feder" von einem regionalen Chefredakteur. (Das schildere ich noch ausführlicher.) Es gibt natürlich ganz andere Kaliber in diesen Fragen. Etwa den Maler Hannes Schwarz.

Als Zwölfjähriger in eine "Ordensburg" der SS verfrachtet, zum "Herrenmenschen" erzogen, wie er selbst sagt, später auf das Schlachtfeld geschickt. Ich hab nie zuvor jemanden erlebt, der mit sich selbst so schonungslos umgeht, was die Klärung dieser Dinge betrifft. schwarz01a.jpg (2161 Byte)

Ich hab gerade die Leiste mit meinen Video-Miniaturen im Web aufgezogen: "official bootleg". Da befindet sich eine erste Miniatur, die Schwarz zeigt. Weitere werden folgen ...


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23•09