23. Mai 2011

Ich hab wieder zwei kuriose Begriffe heimgeschleppt. Ich neige nun dazu, eine kleine Kollektion aufzubauen. Vorerst verzichte ich auf Deutungen und beschränke mich auf das Staunen:
+) Verweilqualität
+) Hühnerprodukt

Ich ahne, es ereignet sich in unserer Kultur laufend eine Art Brachialpoesie. Es liegt dem letztlich eine Art von Geschwätzigkeit zugrunde, so ein Dauergeplapper der Wirtschaft, was auch diverse Banditen einschließt, die letztlich davon ausgehen, daß Leute, die sich von ihnen abzocken lassen, gar nichts anderes verdient haben.

log1730a.jpg (19769 Byte)

Ich hab vor einigen Tagen eine höchst anregende Konferenz sehr unterschiedlicher Kulturschaffender erlebt. Überwiegend sehr erfahrene Leute, die jenseits des Landeszentrums, in der sogenannten "Provinz", um Boden für ein zeitgemäßes Kulturgeschehen, und da vor allem für die Gegenwartskunst, ringen.

Mich freut vor allem auch der grimmige Witz, den ich bei einigen altgedienten Leuten finde. Es ist ja relativ fad, auf den Stand der Dinge bloß mit Verzweiflung zu reagieren. Ich schätze zwar die Momente, wo mir klar wird, das wäre jetzt der beste Moment, um in Panik auszubrechen, und ich mag dieses verrückte Kräftespiel, das mich in solchen Momenten durch irgendwelche Passagen schmeißt. Aber dann sollten ja auch wieder Abschnitte erreichbar sein, in denen wir unsere Angelegenheiten ordnen und vor allem dem wachsenden, langsam umfassenden Versagen alter Funktionärsherrlichkeit etwas entgegenstellen.

log1730b.jpg (26625 Byte)

Übrigens: Wir haben auf unserem Terrain ein markant hohes Aufkommen von Frauen, die so manchen Laden lebhaft schupfen. Hier von links unsere Konsulentin in Fragen der Gegenwartskunst, Mirjana Peitler-Selakov, Maren Richter, die künstlerische Leiterin der "regionale 12", und Sandra Kocuvan, im Land Steiermark zuständig für Film und für das regionale Kulturgeschehen.

Wir hatten einige heftige Debatten, an deren Rändern auch einigermaßen deutlich wurde, daß "draußen", in den "Regionen", daß also jenseits des Landeszentrums so mancher Hut brennt. Das hat übrigens seine europaweiten Entsprechungen. Ich fand bemerkenswert, daß sich ferner einiger Klärungsbedarf zeigte, was denn nun die "Creative Industries" von der Kunst unterscheiden würde. Nicht lachen! Daran müssen wir arbeiten. Das zu klären sollte uns gelingen.

Überdies: Vielleicht wäre es an der Zeit, im Kulturbereich ein "Büro für Klartext" einzurichten. Ich bin der Euphemismen müde, ich möchte meine Ohren von zeitgeistigem Lebensberatungsjargon freikriegen.

Das anschwellende Geplapper all der vormaligen Kulturmanagementkurszöglinge ist längst so laut geworden, daß ich mich an manchen Orten selbst nicht mehr denken hören kann. Diverse Propagandaabteilungen lassen brave Leute in gebügelter Garderobe von "Tradition" daherreden, in einer Auffassung von "Traditionen", die komischerweise alles ausblendet, was die Sozialgeschichte uns erzählt. (Dann müßte wir ja einen Blick auf den Dreck an den nackten Füßen jener Keuschler- und Dienstbotenkinder werfen, welche wir selbst grade noch gewesen sind.)

Ich erwarte, daß Kulturschaffende in meinem Metier ebenso gewillt wie in der Lage sind, dem allösterreichischen Sytem der permanenten Phrasendreschmaschinen einige Stecker herauszuziehen.

 

[kontakt] [reset] [krusche]
21•11