5. Februar 2013

Der vorherige Eintrag mit meiner Reflexion über Gewalttätigkeit, wie sie sich in Familien bei uns halten darf, war gerade online, zur anschließenden Mittagsstunde saß ich bei meinem Kurden, und las die Zeitungen, bis das Essen bereitet war. Als hätte ich es bestellt. Eine der Headlines war an diesem Tag genau meinem Thema gewidmet, bekräftigend, was sich diese Erwachsenengesellschaft in weiten Bereichen anmaßt:

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Der Beitrag dazu in der "Kleinen Zeitung": [link] Daran finde ich ganz besonders ekelhaft, was in den Debatten solcher Themen an rückblickender Beschönigung auftaucht. Wenn etwa jemand kommentiert:

"Allerdings muss ich sagen, dass ich, (ich bin 30) 2x eine von meinem Papa bekommen hab. Natürlich war ich damals fest davon überzeugt, dass er mir Unrecht tut - heute jedoch weiß ich dass sie mir in beiden Situationen gebührt haben! Und geschadet haben sie mir auch nicht."

Was so ein Idiot nicht kapiert: Der Schaden stellt sich allein dadurch ein, daß solche Diskursbeiträge das Fundament einer Legitimation des Zuschlagens sind. Wenn also auch er selbst nicht an den zwei Schlägen gelitten oder Schaden genommen hat, kann ja sein, so wird es jemand anderen treffen. Und da eventuell mit fast tödlicher Härte.

Niemandem gebühren Schläge. Sie sind immer ungebührlich. Wenn nun einer sich schon mit dem Ungebührlichen arrangiert, die Schläge geschluckt und sich ein "Macht nix!" in's Herz gepflanzt hat, geschenkt! Das hält ein Mensch in der Tat aus, man überlebt Schlimmeres.

Ich hab allerdings keine Sympathie für jene, die sich der Tyrannis andienen, und sei es bloß in so sanfter Vorstufe. Aber die eigentlich Katastrophe dräut in solchen Momenten erst.

Tausend derart dumme Bemerkungen in aller Öffentlichkeit, tausend so erbärmliche Anbiederungen an die Gewalt, bei denen jemand selbst bloß eine heiße Wange hinnehmen mußte, bereiten und stärken das Klima, schaffen scheinbare Legitimität für die "Schadet ja nichts-Schlägertypen".

In genau diesem Klima wird dann früher oder später ein Kind krankenhausreif geprügelt. In eben diesem Klima trifft es bald darauf eine Frau, die ihrem Mann widerspricht. Es schadet also enorm, wenn sich Erwachsene ihre Kindheit zurechtlügen.

Ich habe weit schlimere Hiebe als bloß "Watschen" überstanden, ich habe eine sehr weitreichende Belastbarkeit beim Einstecken von Prügeln entwickelt. Ich kenne so gut wie alle Nuancen des Schlagens, mit bloßen Händen und mit Hiebwaffen. Ich halte mich bei diesem Thema für einen versierten Insider.

Daher bleibt festzustellen, was außer Diskussion stehen muß: Jeder Schlag schadet. Er demütigt. Er verletzt. Er hat, was die Erniedrigung angeht, die Gabe Samen auszustreuen und weitere, mitunter größere Gewalt zu säen. Die erntet mitunter jemand anderer, zu einer anderen Zeit, an einem ganz anderen Ort.

Wer auch nur einen Schlag verharmlost, trägt bei, der Tyrannis die Türen aufzustoßen.

Es muß natürlich allen freistehen, sich mit ihren Täterinnen und Tätern zu arrangieren. Genau! So lange es Kinder betrifft, schlagen Frauen genauso bedenkenlos wie Männer. Man mag also seinen eigenen Eltern, Verwandten, alles nachsehen. Das geht mich nichts an und das schert mich nicht.

Aber wer an die Öffentlichkeit tritt, wer Massenmedien nutzt, um seine oder ihre Ansichten zu verbreiten, muß gesagt bekommen: Da machst Du also mit, obwohl Du es selbst erlitten hast. Drecksgeschäft! Kein Schlag ist egal!

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