22. Juli 2013

Und schon ist es wieder ruhig. Wir haben ja kein Problem damit, bespitzelt zu werden. Ich dachte mir noch kürzlich bei all der Unruhe um die "NSA" und amerikanische Lauschangriffe: Supa! Endlich hört mir wer zu.

Es ist eigentlich nicht ganz so lustig. Aber vielleicht wäre so zu fragen: Was sind wir denn zu tun bereit, um der Tyrannis verläßlich die Türen zuzuhalten? Jüngere Phänomene scheinen auf Simulationen hinauszulaufen.

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(FOTO: MILICA MILICEVIC)

Kürzlich las ich im Web zwo bei einem Mann, der sich über Jahrzehnte als Prophet des Egoismus hervorgetan hat, einem soliden Ministranten des Eigennutz': "Unterstützung ist angesagt, zeigt eure Solidarität und Empörung!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!"

Mit solcher Floskelwirtschaft wird eine streitbare Zivilgesellschaft simuliert, von der offenbar nicht mehr jene Selbstreflexion erwartet werden kann, aus der zu schließen wäre: Zurufe bewirken meist gar nichts.

Also! Wie, bitte, zeigt man denn "Solidarität" und wie "Empörung", vor allem aber: Wie zeigt man "!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!".

Was sollte statt dessen geschehen? Meine Antwort ist simpel. Mit Politik und Verwaltung in Kooperationen gehen. Sie nicht alleine lassen, sie nicht alleine tun lassen.

Jaaaa, da bleibt schon noch ein Problem offen. Die ungelöste Frage der Unbeflecktheit. In das Gemeinwesen hineingehen, kooperieren, also Aufgaben übernehmen, so auch Verantwortung übernehmen, das heißt zwangsläufig, eine weiße Weste geht sich nimmer aus.

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MILAN BOSNIC, MIRJANA SELAKOV UND   MILICA MILICEVIC

Es ist mehr als billig und ohne jede tiefere Bedeutung, anderen zuzurufen, sie mögen "Solidarität" und "Empörung" zeigen, da wissen wir noch nicht einmal, was das für die Praxis bedeuten soll. Jene aber, die eigentlich gemeint sind, gegen die Empörung und Solidarität wirken soll, kommen in dieser Geschwätzigkeit überhaupt nicht mehr vor.

Sie bleiben diffus, sie müssen "Die" sein. Etwa "Die Politiker". Oder "Die Beamten". Oder "Die Wirtschaftstreibenden". Es fehlt dabei ja nicht an Warnungen. Ich mische mich gerne mit den "Die". Da raunt man mir zu: Paß auf, Du wirst benutzt werden. Sie werden Dich zu ihrem Feigenblatt machen.

So flüstern Empörte. Sie flehen um Abstand. Um Reinheit. Um Unschuld.

Ich glaube nicht daran. Und wenn es sein soll, dann bitte mit Anlauf in den Dreck. Dort gibt es etwas zu tun. Dort finde ich auch etwas über mich selbst heraus. Was taugt meine Integrität? Wozu befähigt sie mich? Bleibt etwas davon übrig, wenn ich einige Zeit alle Distanz aufgegeben hab?

Gestern, Schlag Mitternacht, habe ich mich von Milica Milicevic und von Milan Bosnic verabschiedet. Es fiel mir ein wenig schwer, sie ziehen zu lassen, denn unsere "Styrian Sessions" waren von einer Dichte und Offenheit, die mich gefangen hält.

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IVAN REDI (LINKS) UND EUGEN LENDL

Dabei hab ich nach vielen Jahren Ivan Redi ("ortlos architects") wieder getroffen und gesprochen. Ein Mann, der hart arbeitet und den ich noch nie jammern gehört habe. Wir blicken auf ungezählte Stunden   gemeinsamen Tuns zurück. Ringen um Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten.

In unserer Samstags-Session bei Lendl betonte Redi einen zentral wichtigen Punkt. Wir haben stets neu zu klären, was wir an RISIKO auf uns nehmen möchten. Dazu gehört ein schlichter Satz von Redi: "Wer mehr Risiko nimmt, muß mehr arbeiten."

Bei aller Ungewißheit über die Verläufe in komplexen Verhältnissen läßt sich doch eines mit ziemlicher Sicherheit feststellen: Phrasendreschereien und Zurufe sind keine geeigneten Mittel, der Tyrannis die Türen zu blockieren.

Erst wenn wir in realer Anwesenheit Positionen im Gemeinwesen, in menschlicher Gemeinschaft, besetzen und halten, können wir den Kräften der Tyrannis im Wege stehen.

Ich glaube nicht, daß man um Unschuld bemüht sein sollte. Was wissen wir schon, wie viel an Korrumpierbarkeit in einem schlummert?

Ich weiß das für mich nicht und ich gebe darüber keine Prognosen ab. Doch so viel ist klar, innerhalb meines realen Bewegungsraumes wird niemand über mich hinwegsehen können. Dort hab ich zu klären, was meine Ansichten taugen, was im realen Leben geschieht, wenn ich mich damit breit mache..

-- [the styrian sessions] --

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