31. Jänner 2017

Im vorigen Eintrag war zu fragen: "Was davon hab ich heute noch in meiner Küche vorrätig?" Kartoffel. Mais, Reis, Bohnen. Und Sauerkraut. Nun hab ich ferner eine Muskatnuß herausgenommen.

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Es hat mich bisher keinerlei Überlegungen gekostet, wo und wie die wächst. Der Duft, den sie beim Reiben abgibt, fällt für mich unter Magie. Die unverwechselbare Geschmacksnote hat Menschen offenbar über Jahrhunderte begeistert.

Aus meiner Lektüre in Jugendtagen weiß ich noch, daß Gold und Gewürze zu den Hauptmotiven für die Erforschung der Meere galten. Gewürzhandel war im 15. und 16. Jahrhundert ein Metier, das astronomische Profite ermöglichte.

Manche von uns werden aus der Schulzeit noch in Erinnerung haben, daß die Spanische Armada eine maßgebliche Seestreitmacht gewesen ist. In "Herr Turner und die Temeraire" [link] hab ich die Seeschlacht von Trafalgar erwähnt, bei der sich Englands Marine bewährte. Sie war ein wesentliches Motiv für Deutschland, zur See gigantisch aufzurüsten, was zu den unmittelbaren Vorboten des Ersten Weltkriegs zählt.

In dieser Ereigniskette der transkoninentalen Raumüberwindung hat Porugal eine exponierte Rolle. Wie konnte dieses kleine, eher arme Land für einige Zeit zu einer Weltmacht werden? Noch dazu in dieser europäischen Randlage...

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Karavellen aus der Flotte des Vasco da Gama

Technische Innovation! Die Karavelle. Die Atlantikfischerei hatte den portugiesischen Bootsbauern abverlangt, ihre Konstruktionen weit seetüchtiger zu machen, als es ihre Fachkollegen am Mittelmeer schaffen mußten. Dabei wurden weiters Erfahrungen mit verschiedenen Bootstypen ausgewertet.

Die eigentümliche Gestaltung von Rumpf und Bug erhielt außerdem eine bewährte Takelage aus der arabischen Kultur. Die rechteckigen Rahsegel wurden von dreieckigen Lateinersegeln abgelöst. Später hat man beide Formen kombiniert. Der Effekt: Mit den Lateinersegeln konnte man härter an den Wind gehen, sogar gegen den Wind kreuzen.

Das wurden die neuen Karavellen. Als sie auch noch passende Bewaffnung mit Bordgeschützen erhielten, hatten sie in Tempo und Wehrhaftigkeit längere Zeit keinerlei Gegner auf den Weltmeeren. So entstand ein neuer Typ von Expeditionsschiffen, die auch genug Ladekapazität hatten, um mit entsprechenden Vorräten weite Strecken zu schaffen.

Die Erforschung des Atlantiks, die Suche nach Gewürzen und Gold... Eine Reihe von Päpsten unterstützte solche Raubgeschäfte auf eine Art, für die wir heute noch bezahlen, denn Europa wurde auf Kosten anderer reich. Papst Pius IV setzten mit seiner Bulle Aeterni regis im Jahr 1481 einen wesentlichen Auftakt. Es folgte eine Serie päpstlicher Bullen, die es Portugal und Spanien "erlaubten", Teile der Welt in Besitz zu nehmen. Dieses Kräftespiel war vor allem von der Heimkehr Kolumbus' ausgelöst worden.

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Renault Caravelle von 1968

Die Bulle Inter caetera divinae, von Papst Alexander VI. 1493 ausgegeben, bestätigte eine Trennlinie zwischen den Machtbereichen Portugals und Spaniens, die von Pol zu Pol über den Atlantik führte.Ein Jahr darauf regelte der Vertrag von Tordesillas diese Angelegenheit.

Der wurde 1529 durch den Vertrag von Saragossa ergänzt, weil die Erde eine Kugel ist, weil Portugal und Spanien auch auf der Rückseite des Erdenrunds Grenzen ihrer Zonen geklärt haben wollten. Hier ist von Raubzügen die Rede, von einem Ausplündern der Welt, betrieben von Abenteurern, von Desperados, "legitimiert" von Päpsten und Königen.

Der Begriff Caravelle ist zumindest in der Automobilwelt erhalten geblieben und auch bei Flugzeugen verwendet worden. Die Renault Caravelle ist ein hübscher Zweisitzer, aber keinesfalls ein Reisefahrzeug.

Unter den VW-Transportern wurden in der dritten Generation (T3) Luxusausführungen der Busse als Caravelle bezeichnet. Bei T5 und T6 steht Caravelle generell für die Kleinbus-Version. Reisefahrzeuge. Das Abenteuer. Das Kriegerische. Der Beutezug. Die Erkenntnissuche.

In der Fahrzeugwelt drückt sich das symbolisch aus. Es gibt inzwischen eine kontrastreiche Palette von Automobilen, die für das Militär entwickelt wurden, aber danach bei Reisenden großen Anklang fanden. Österreich hat dafür prominente Beispiele geliefert. Der Steyr-Puch Pinzgauzer, der Puch G, der Steyr 680, letzterer etwa als Blogmobil in der Beograd-Session unseres 2015er Kunstsymposions: [link]

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Selten zu sehen: der DAF Ya-126 4x4

Zufällig hab ich gestern auf dem Rückweg von Kirchberg, nahe St. Margarethen, ein ausgefallenes Beispiel für diese Thema entdeckt. Ein niederländischer DAF Ya-126, der in den 1950er Jahren eingeführt wurde, um die amerikanischen Dodge WC abzulösen, von denen viele nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa zurückgeblieben sind.

Abenteurer? Konquistador? Forscher? Und was bedeuten solche Rollenkonzepte in einer globalisierten Welt, da man auch im Sitzen reisen kann, ohne sich vom Fleck zu rühren? Das beschrieb etwa Paul Virilio im Zusammenhang mit anderen Phänomenen unter "Rasender Stillstand" einreiht.

-- [Die Quest II] --

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