11. Mai 2017

Geklaut

Kulturpolitik ist ein Genre, das von Rahmenbedingungen der künstlerischen Arbeit und der Kunstproduktion handelt. Das berührt auch Fragen von Urheberrecht und Nutzungsrecht, denn in der Vermarktung von geistigem Eigentum und schöpferischen Akten liegt ja eine wichtige Einnahmequelle von Freischaffenden.

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Kein Copyright, keine Quellenangabe (Quelle: Kleine Zeitung)

Ich produziere hauptsächlich immaterielle Güter, die veröffentlicht werden. Das ist dann so, als lägen Waren am Straßenrand herum. Man kann sich bedienen, wie es einem beliebt. Deshalb haben wir Konventionen, was dabei zulässig ist und was nicht.

Ich werde ärgerlich, wenn man mich beklaut. Das leisten sich nicht nur Allerweltsfiguren, das kommt auch in jenen Zirkeln des soziokulturellen Lebens vor, die ihrerseits sehr wesentlich über immaterielle Güter gedeihen, also mit diesbezüglichen Konventionen vertraut sein müßten.

Oder ist das bloß eine Verletzung der Netiquette, wenn jemand im Web zugreift, sich bedient, entnommene Stoffe an anderer Stelle weiterverwendet?

Falls Sie keine Rechnungen bezahlen müssen, fein! Ich aber schon. Dazu allerhand an Steuern. Außerdem gibt es für mich keinen Arbeitgeberanteil bei meiner Sozialversicherung. Mein Büro, meine Betriebsmittel, alles meine Sache.

Daher halte ich es für eine rechtswidrige Werknutzung, wenn jemand sich meiner Arbeiten bedient, ohne rückgefragt zu haben, ohne über Nutzungsrecht zu verfügen. Eine Zumutung und ein Angriff auf mein Geschäft.

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Keine Copyright, keine Quellenangabe (Quelle: Facebook)

Der rechtskundige Musiker Jo Jo Sparowitz schrieb mir in dieser Sache einmal: „Die wenigsten Leute wissen, dass eine Urheberrechtsverletzung nicht nur teuer werden, sondern sogar Knast bedeuten kann. Ist ja auch, wie du richtig anmerkst, irgendwie Diebstahl.“


Freilich verschenke ich meine Rechte zur Werknutzung gelegentlich. Wenn mich jemand fragt und mir der Anlaß passend erscheint, ist das kein Problem. Allerdings ist es üblich, aus Respekt vor den Bemühungen anderer wenigstens die Quelle zu nennen. Das ist dann gewissermaßen der immaterielle Gegenwert in so einem Leistungsaustausch. Und selbst den bleiben manche schuldig.

Ich erlebe immer wieder, daß einzelne Personen das ignorieren. Kolleginnen und Kollegen tun das. Nicht einmal in der einen oder anderen amtlichen Kulturabteilung scheut man mitunter eine rechtswidrige Werknutzung. Ich hab es sogar schon mit einer amtierenden Nationalratsabgeordneten erlebt.

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Das Original auf kultur.at

Wo liegt denn das Problem, die Arbeit andere in einem Mindestmaß zu achten? Warum drücken sich Leute davor? So jüngst geschehen anläßlich des Ablebens von Theatermann Hans Fraeulin. Zuerst erstaunte mich das Foto in den Abschiedsgrüßen der Grünen Steiermark auf Facebook. Da hatte sich jemand sogar die Mühe gemacht, mein Farbfoto in eine Schwarzweiß-Version zu verwandeln.

Vielleicht sollte dieser Zugriff als schöpferischer Akt gewertet werden, um ein eigenes Urheberrecht zu generieren. (Kleiner Scherz!) Beim Nachruf in der Kleinen Zeitung behielt man die ursprüngliche Farbvariante bei. Auch ohne über die Rechte zu verfügen und ohne Quellenangabe.

Die Ironie an dieser Zumutung liegt darin, daß dieses Frauelin-Foto aus einer kleinen Foto-Serie stammt, die ich bei einer Netzkultur-Konferenz anno 2003 in Gleisdorf gemacht habe: "Leiblichkeit und virtuelle Räume" [link] Zur Dokumentation dieser Konferenz gehört ein Fraeulin-Text mit dem Titel „Copyright“. Dieser Beitrag beginnt mit den Zeilen:

„Das Recht auf geistiges Eigentum ist noch nicht sehr alt und manifestierte sich bisher mit dem Verkauf der Baupläne, der Partituren, der Stücktexte, später der Ton- und Bildträger sowie vor allem der vielen Rechnerprogramme, die man nicht einfach kaufen kann, sondern eine Benutzungslizenz erwirbt - oder sich darüber hinwegschwindelt, frei nach dem Motto: legal - illegal - scheißegal.“ [Quelle]

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Die Grünen: Keine Raktion (Quelle: Facebook)

Über ein Jahrzehnt später sind wir offenbar nicht einmal in den eigenen Reihen vorangekommen. Wie Fraeulin damals schrieb: „Die Erkenntnis ist bitter. Was haben wir, die wir Musik und Theater und sonst was erfinden, anderes in der Hand? Nichts.“

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