1. Jänner 2018

Eine freundliche Morgendämmerung und ich hab noch keinerlei weitere Böllerschüsse gehört. Das erscheint mir noch ungewohnt. Es blieben nach solchen Nächten oft unruhige Leute, die ihre Erscheinung durch was auch immer vergrößern möchten.

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Die Posen des Aufplusterns sind derzeit unter anderem auf Regierungsebene kultiviert worden. Da haben sich so einige Leute offenbar lange Zeit klein gefühlt, Lärm geschlagen, und nun hat all dieses sich nach Größe Verzehren Amt und Würden erhalten. Ich bin mit gelegentlich zusammengebissenen Zähnen neugierig, was uns nun innenpolitisch blüht. Wir haben schon länger nichts innenpolitischeres als die "Ausländerfrage". Dieses Thema erlaubt so allerhand Verschleierung.

Es ist natürlich auch politisch angelegt, wenn zwischendurch eine Erhöhung der Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 auf 140 Km/h zum Thema wird. prächtige Symbolpolitik für eine Nation, die noch Legionen, nein, Horden von Menschen beherbergt, denen die Beeinträchtigung einer "Freien Fahrt für freie Bürger" als persönliche Kränkung vorzukommen scheint.

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Dieses Klientel will mit freundlicher Zuwendung bedient werden, was auch in der Redaktion der Krone klar schien. So der entsprechende Aufmacher am 30. Dezember zu unseren vorrangigen Sorgen. Ich denke, wir werden gut beraten sein, einige Aspekte dieses Themas (Automobilismus) zu entschlüsseln. Ungetrübtes Autofahren, Sporterfolge, was noch? Ah ja! Die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler, die sich ethnisch als Österreicher fühlen? Auch das wurde uns kürzlich von Regierungsseite aufgetischt. Also wäre 1918 ein Witz gewesen und ebenso 1938.

Derweil ist es offenbar wieder vertretbar, Ethnos und Staatsbürgerschaft quasi als Synonyme zu sehen. Das ist die ideologische Turnübung für vaterländische Kräfte, welche a) in ihrer Identität gegen das Zusammenbrechen kämpfen, oder b) diese Identität möglichst billig und mühelos auftrainieren möchten; in der Kraftkammer des Nationalismus.

Was sie so sehr betonen, eben in der Berufung auf eigene Kultur und eigene Identität, mangelt ihnen so sehr, daß sie es an der Staatsbürgerschaft festmachen wollen. Quasi eine Art politischer Schwimmweste, damit diese schwächelnde, im Korsett des Nationalen aufgerichtet Identität im Ozean der Zeit nicht absauft. Dabei ist dieser Nationalismus bloß noch Fassade, um einmal mehr zu bemänteln, was Werbeindustrie und Massenmedien an unseren Identitäten bewirken.

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Ein steirischer Akademiker hat dieser Tage in der Kleinen Zeitung demonstriert, worum es dabei geht. Auslandsösterreicher sollte ja eigentlich Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft sein, die sich im Ausland aufhalten. Das ist eine rechtliche und politische Kategorien. Man zählt zum Staatsvolk (Demos), egal welcher Ethnie man angehört und egal, ob man sich innerhalb oder außerhalb der Staatsgrenzen aufhält.

Wer keine österreichische Staatsbürgerschaft hat, kann demnach logischerweise auch kein Auslandsösterreicher sein, außer man definiert "Österreicher" ethnisch, etwa über die Muttersprache und die Lebensart. Dieses Assoziieren von Demos und Ethnos ist ein junges historisches Phänomen, das nach Verdun, Auschwitz und Srebrenica geführt hat.

Wenn solche Konzepte derzeit auf Regierungsebene debattiert werden, korrespondiert das mit einem Nationalismus von 1918, was ja eventuell als ein Beitrag zum Jahr 2018 gedeutet werden kann, da wir über dieses Zeitfenster (1918-2018) nachzudenken haben und darüber, ob wir uns im Lauf der Welt nun eher in die Zukunft oder in die Vergangenheit orientieren möchten.

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So dichtete eine nicht genannte Kanaille für das Znaimer Tagblatt am 1. Jänner 1918. Es hat sich am Tonfall und an der merkwürdigen Selbstergriffenheit der Vaterländischen über 100 Jahre nichts geändert. Damals wie heute zeigen sich Beispiele, wonach die Anderen schuld seien, an was auch immer, anno 1918 eben "Englands Schurkenhand".

Den antiquierten Kräften, nun  teilweise in unserer Regierung etabliert, wird man mit Polemik und einem emotionalen Räsonieren nicht begegnen können. (Darin sind sie übrigens besser geübt.) Diese Mittel reihen einen selbst außerdem bloß in die gleiche Kategorie einer Politik ein, die denen nützt, gegen die polemisiert wird. Aber worauf berufen sich die Vaterländischen?

Heimat, Volk, Kultur, Identität. Diese Themen müssen wir ihnen nicht überlassen. In zeitgemäßer Wissens- und Kulturarbeit sollte klärbar sein, was es mit dieser politischen Entwicklung auf sich hat,  von der im Gemeinwesen widersprochen werden muß; vor allem auch mit welchen Argumenten.

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