3. Juni 2018

Gestern abend habe ich erste Notizen zu einer kleinen Reflexion raufgeladen, weil mir schien, daß nun gut erkennbar eine Ära geendet hat, die für mich Ende der 1970er Jahre begann: "2018: Im fünfzehnten Jahr I". Dabei der Verweis auf eine kleine Studie von 1991, die sich unter anderem darauf bezog, daß wir angefangen hatten, ein kulturelles Berufsfeld zu skizzieren, wo damals so viel an notwendiger Kulturarbeit eher als Hobby markiert worden war: "Eine begleitende Untersuchung zur Entstehung eines Berufs."

log2510a.jpg (11243 Byte)

Dieses Ende einer Ära sehe ich seit 2014/2015 in aller Deutlichkeit über den Horizont heraufkriechen. Nun brachte mir der heutige Tag eine Nachricht auf den Tisch, die das geradezu unterstreicht. Die Frankfurter Allgemeine berichtete vom Tod des Hilmar Hoffmann, wobei zwischendurch ein Satz auftaucht, der für mich besonderes Gewicht hat: "Dass er später sowohl Sozial- wie Kulturdezernent von Oberhausen wurde, war schon fast Programm." [Quelle]

Dieses Zusammendenken sozialer und kultureller Agenda war für uns über Jahrzehnte vorrangig. Neben Hofmann, der uns vor allem mit seinem Buch "Kultur für alle" wichtig blieb, hatten wir auch Hermann Glaser ("Spießer-Ideologie") und Paulo Freire ("Pädagogik der Unterdrückten") im Blickfeld. Außerdem fanden wir die Arbeit von Augusto Boal ("Das unsichtbare Theater") anregend.

log2510b.jpg (16264 Byte)

Freire kam 1921 zur Welt, Hofmann 1925, Glaser 1928, Boal 1931. Das waren demnach Kulturschaffende einer Generation, welche auf uns, die wir etwa drei Jahrzehnte später geboren wurden, Einfluß ausübten. Sie waren vor dem Nazi-Faschismus zur Welt gekommen, wir danach, Glaser und Hofmann Deutsche, Boal und Freire Brasilianer. (Nach Brasilien hatten es allerhand Nazi geschafft, um ihrer Strafverfolgung zu entkommen: Die "Rattenlinie".)

Wenn also nun eine Ära endet, sollten schon neue Aufgabenstellungen und Modi zur Debatte stehen. Man kann sagen: Wir arbeiten daran! Das ist vor allem reizvoll, weil sich im regionalen Kulturgeschehen derzeit ein wachsender Retro-Boom zeigt.

Der ist einerseits möglich, weil sich vielerorts Akteurinnen und Akteure auf Bühnen drängen, deren erkennbar einziger Inhalt die Selbstoptimierung ist (Sichtbarkeit geht vor Authentizität), weil andrerseits kulturpolitische Debatten fehlen und Funktionstragende, so weit ich sehen kann, ohne nennenswerte Kenntnisse der jüngeren Kulturgeschichte agieren. Das sind spannende Zuständen, weil es natürlich so nicht bleiben wird...

-- [Dorf 4.0] --

[kontakt] [reset] [krusche]