25. September 2019

Was kostet ein Amt? Als Bürger einer Schisport-Nation habe ich für rasante Abfahrten einiges übrig. Parteichef, Vizekanzler, einfaches Parteimitglied, präsumtives Ex-Parteimitglied. Der "Kurier" titelte am 24.9.19: „FPÖ will Strache aus der Partei ausschließen“. (Kurier)

Vom ORF Wien erfuhr ich: „Wie Nepp im ‚Kurier‘ sagt, zahlt die Landespartei monatlich 2.500 Euro, weil Strache in seinem Haus in Klosterneuburg auch Delegationen empfangen habe.“ (ORF) Nur keinen Neid Leute! Ich muß zwar mit weit weniger Geld pro Monat leben können, aber wer wollte in meiner Wohnung schon empfangen werden?

Nun stellt sich mir die Frage: hätte Strache politisch überlebt, wäre ihm ein leistungsfähiger Berater finanziert worden? Jener von Sebastian Kurz soll ein Grundgehalt von 30.000,- Euro bezogen haben, wobei jede Zusatzleistung extra zu bezahlen war. Das ist übrigens ein bemerkenswertes Detail.

Stellen Sie sich folgende Situation vor. Sie heuern für ihre Firma einen Prokuristen an. Für diese Fachkraft drücken Sie pro Monat weit mehr als 22.000 Blatt ab, weil 14 Monatsgehälter, Dienstwagen, Spesen etc. benötigt werden. Damit der aber seinen Job gut machen kann, brauchen Sie einen zweiten, einen zusätzlichen Angestellten, der sogar mehr kostet.

„Der Bundeskanzler der Republik Österreich verdient ein Gehalt von monatlich 21.889 Euro brutto. Das entspricht einem Nettogehalt von 11.544,64 Euro pro Monat 14-mal jährlich.“ (Finanz.at)

Zum Vergleich, ich erinnere mich an ein berührendes Gespräch mit einem Gleisdorfer Unternehmer, den ich als hervorragenden Handwerker kennengelernt habe. An einer Stelle dieses Gesprächs sagte er: „Ich hätte mir oft gerne selber den gleichen Betrag als Gehalt überwiesen wie meinen Angestellten.“

Was verdienen Angestellte? „Das durchschnittliche Einkommen pro Monat in Brutto der Arbeiter und Angestellten betrug in Österreich im Jahr 2016 zirka 2.360 Euro. Das sagt die Studie, die vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger erstellt wurde.“ (Finanz.at)

Aus der selben Quelle erfahre ich: „Der Vizekanzler (ohne Resort) wird einem Landeshauptmann gleichgestellt. Beide verdienen 17.511 Euro. Auch ein Minister verdient 17.511 Euro.“

Aus welcher Position betrachte und deute ich diese Verhältnisse? Ich bin seit 1972 erwerbstätig, lebe als freischaffender Autor, komme auf durchschnittlich 1.500,- Euro netto im Monat, wovon rund die Hälfte für Wohnraum und Büro reserviert bleibt. Das ist für einen österreichischen Künstler ein gutes Einkommen und ermöglicht ein zufriedenstellendes Auskommen.

Wer mehr Einkommen erreichen möchte, muß sich auf dem Markt bewähren und ganz anderen Kräftespielen aussetzen, erlebt gewöhnlich nicht annähernd das Maß an Selbstbestimmung, wie es für mich Standard ist.

Damit möchte ich betonen, Geld ist nur eine von mehreren Währungen, in denen man entlohnt werden kann. Auch Selbstbestimmung, Reputation, Sozialprestige, Freizeit etc. sind Währungen, aus denen sich allerhand Nutzen ziehen läßt.

In wenigen Tagen finden Wahlen statt, deren Ausgang nun wohl mehr als unklar ist. Ich denke, wir werden allerdings erst im Lauf des kommenden Jahres erfahren, was unter unseren politischen Prominenten an Redlichkeit zuhause ist.

Dafür setze ich auf Journalistinnen und Journalisten des Landes, denn die Politik selbst konnte uns bisher nicht offenlegen, was mindestens in FPÖ-Kreisen an krimineller Energie und frivoler Spesenritterei zu finden ist. Wie sauber andere Parteien sind, werden wir sicher auch beizeiten aus den Medien erfahren.

Es ist natürlich kein Zufall, daß die FPÖ-Postille „Wir Steirer“ in ihrer aktuellen Ausgabe Willibald Spörk zitiert, der die Kühnheit hat, seine Glosse so einzuleiten: „Mit großer Sorge betrachte ich in letzter Zeit die Auswirkungen von überzogener ‚political correctness‘ in diesem Land.“ Damit zielt er unter anderem auf Österreichs Presse.

Spörk: „Eine Teilschuld daran haben sicher die Medien, die heutzutage nicht mehr objektiv und neutral über Politik berichten, sondern anscheinend glauben, selbst Politik machen zu müssen.“

Wir erfahren dabei nicht, was er mit „die Medien“ meint, zumal das Blatt „Wir Steirer“ ja auch Teil der Medienlandschaft ist. Ferner zeigt Spörk, daß er Kultur und Geschichte Europas nicht zu kennen scheint, denn Politik ist niemals bloß das, was Funktionäre tun, sondern was im Wechselspiel zwischen Staatskunst und staatlichem Gemeinwesen (griechisch: Polis) entsteht.

Noch genauer, im antiken Rom formulierte Cicero in seiner Schrift „De re publica“ seine Überlegungen zur Republik = res publica. Demnach, werter Herr Spörk, dürfen und sollen wir alle mitreden, wo es um Politik geht, aber ganz speziell die Vierte Gewalt im Lande als unverzichtbarer Teil der Gewaltentrennung in einer Demokratie. (Lernen Sie Staatsbürgerkunde, bevor sie Bürgerinnen und Bürger belehren möchten!)

-- [Ein Feuilleton] --

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