14. April 2020

Mir ist eben durch Gespräche und meine Korrespondenz aufgefallen, daß ich ein sehr brisantes Lockdown-Thema eher unbeachtet gelassen hab, weil es mich nicht mehr betrifft. Ein Thema, das die Fundamente der Gesellschaft berührt und gerne mit ideologischem Kolorit verhüllt wird.

(Quelle: Kurier)

Der Kuriert titelte 2018: „Alleinerziehende: Keine Mütter zweiter Klasse. (Obwohl sie oft besonders viel leisten, kämpfen sie mit Vorurteilen und Geldsorgen.)" [Quelle] Was ich so höre, läßt annehmen, das habe sich seither nicht sonderlich geändert. Der Lockdown verschärft die Situation für Frauen markant.

Kurzer Einschub zur Klarstellung: Ich hab selbst die Karenzzeit-Erfahrung gemacht und daher eine sehr konkrete Vorstellung, wie es sich anfühlt, für ein kleines Kind zu sorgen, während das Geld dauernd zu knapp ist.

Jana Hensel hat gerade in der Zeit einen Text vorgelegt, der unter anderem folgende Passage enthält: „Wie sagte Markus Söder kürzlich in einem Spiegel-Interview: ‚In der Krise wird oft nach dem Vater gefragt.‘ Obwohl, um einmal im Bild der Familie zu bleiben, von den 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland 1,44 Millionen Frauen sind und ungefähr die Hälfte der Väter keinen Unterhalt zahlen.“ [Quelle]

(Quelle: ZEIT / Facebook)

Das korrespondierte mit einem meiner Telefonate während der letzten Tage. Im oben zitierten Kurier-Artikel heißt es unmißverständlich: „Alleinerziehende sind weiblich und armutsgefährdet.“ Die Zahlen dazu besagen, daß bei Kindern von Alleinerziehenden unter 15 Jahren zu 94 Prozent Frauen in der primären Verantwortung stehen. Das ähnelt dem Verhältnis in Deutschland.

Was diese Altersgruppe angeht, hat Statistik Austria hat Zahlen vom 04.04.2019 über den Status von 2018:
+) Kinder unter 15 bei Ehepaaren: 912.200.
+) Kinder unter 15 bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften: 201.000.
+) Kinder unter 15 bei Alleinerziehenden: 146.400.

Dazu die Anmerkung: „Die Gesamtzahl der Kinder unter 15 Jahren in Familien hat sich von 2008 bis 2018 kaum verändert (–300 Kinder).“ [Quelle]

Verschiedene Studien liefern Zahlen zwischen 52% und 65% der Befragten, „die regelmäßig Unterhalt für das Kind bzw. die Kinder erhalten, weitere 12% erhalten Unterhalt in unregelmäßiger Höhe bzw. in unregelmäßigen Abständen“. („Alleinerziehende in Österreich. Lebensbedingungen und Armutsrisiken. Studie im Auftrag des BMASK.) Das heißt, ein sehr hoher Anteil alleinerziehender Frauen erhält keinen oder nur einen unregelmäßig Beitrag zu den Lebenserhaltungskosten der Kinder.

Der ober erwähnte Text von Hensel wurde mit diesem Vorspann eingeleitet: „Männer glauben, die Lösungen zu haben, Frauen arbeiten derweil in systemrelevanten Berufen.“ Das hab ich auf Facebook gepostet; mit der Frage: „ob das die ösis auch schon wissen?“

(Quelle: ZEIT / Facebook)

Darauf kam von Ursula Glaeser die bemerkenswerte Nachricht, welche Werbung ihr der Algorithmus zu eben diesem Artikel aufs Smartphone gewuchtet habe. Die schlanke und sportliche Frau bekam ein kostenloses Abnehm-Buch empfohlen, das eine radikale Gewichtsreduktion verspricht.

Nun war ich neugierig zu sehen, was mir der Algorithmus auf meinem Rechner an Werbung anbietet, wenn ich diesen Artikel aufmache. Ich könnte zwar, im Gegensatz zu Glaeser, tatsächlich darüber nachdenken, wie gut mir 15 Kilo weniger allenfalls täten, aber mir wurden ein Lernprogramm für Fremdsprachen und eine Mitgliedschaft „beim Kreditschutzverband von 1870“ dem „optimalen Gläubigerschutz“ angeboten, also meinen Karrierechancen zugearbeitet.

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