9. September 2020

Mein Kontinent IX

Vor über einem Jahrzehnt hab ich im Raum Gleisdorf meinen „Cybertrail“ realisiert. Die Routen sind mir heute noch vertraut. Ich bin nach wie vor auf diesen Strecken unterwegs, auf teils abgelegenen Passagen, die mir einen verschobenen Blick auf jenen Raum bieten.



Gleisdorf West

Da nun eine neue Brücke gebaut wurde, wo man Gleisdorf vom Westen her erreicht, hab ich mich im Archiv nach Bildern der alten umgeschaut. Die war ja nicht besonders ansehnlich. Dabei kam mir eben eine andere Brücke unter, ein roh und geradlinig verfaßter Brocken für die Eisenbahn.

Dabei eine kleine Kuriosität. Im Jahr 2006 war Kurt Flecker Landesrat und Kulturreferent. Ein Sozialdemokrat, mit dem man darüber reden konnte, was der Unterschied zwischen links und rechts sei… heute keine Selbstverständlichkeit in der steirischen Politik. (Zu den politischen Spektralfragen siehe: Link!)



Kurt Flecker

Ein Mann, der sich sehr klar und energisch für die Gegewartskunst verwendet hat, für ein geistiges Klima, in dem so dümmliche Konstruktionen wie „Kunst & Kulinarik“ eher nicht vorkamen, wo die Kunst nicht zur Magd die Marketings herabgestuft wurde.

Er hatte sich damals gewinnen lassen, mit mir auf die Strecke zu kommen, um da eine der Markierungen zu setzen. Mit ihm Herbert Nichols-Schweiger, von dem man sagen kann, daß kaum jemand das steirische Kulturgeschehen nach 1945 so gründlich kennt wie er.



Herbert Nichols-Schweiger

Ich hatte diese Session nun schon vergessen. Das war eine ziemlich gute Markierung. Die Wissenschaft braucht generell solche Ausgangspunkte, in der Philosophie läßt sich damit auch viel anfangen: „Ich zweifle an allem“.

Zumindest wenn man meiner Position zustimmt, von der aus Wissenschaft vor allem einmal bedeutet, in Frage zu stellen, was man zu wissen meint. Und Philosophie beginnt damit: Staunen. Fragen. (Das sind Möglichkeiten, die uns allen offenstehen!)

Denkräume. Denkmöglichkeiten. Ich stelle möglichst unaufgeregt fest: nun liegen Jahre hinter uns, da wurde konsequentes Denken im hiesigen Kulturgeschehen permanent angefochten. Die dabei populärste Unterstellung hat zwei wesentliche Versionen: a) Anmaßung (Abgehobenheit) und b) man halte den Betrieb auf.

Das hat allerhand Effekte, zum Beispiel, daß es im gesamten Bezirk Weiz heuer keine einzige kulturpolitisch relevante Antwort auf den Lockdown und seine Folgen gab. Das paßt nahtlos in einen Prozeß der umfassenden Durchökonomisierung all unserer Lebensbereiche.

Fußnötchen
Spreche ich derzeit mit therapeutischen Fachkräften, erfahre ich, daß uns die Beschleunigungsopfer und vom Lauf der Dinge beschädigten Leute in derzeit sprunghaft steigenden Zahlen um die Ohren fliegen. (Hat das jemand noch nicht mitbekommen?)

-- [Ab August 2020] --

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