2. Jänner 2021

Doktor Dunja. Dienstlich.

Mein Zahnärztin hat einen ziemlich energiegeladenen Humor, der es mir erleichtert, einfach liegenzubleiben, wenn sie nach dem großen Besteck greift. Ich würde mit ihr freilich auf keinen Fall Streit haben wollen.

Bei unserer letzten Zusammenkunft hat Dunja Meissner ein Art Fräse eingesetzt, eine recht kleine, keimfreie Trennscheibe. Das ist ein sehr schönes Instrument, mit dem man vermutlich durch alles schneiden kann, woraus wir Menschen gemacht sind.


Sie ahnen gewiß, wie sehr ich darum bemüht bin, ganz still zu liegen, während ich solche technischen Errungenschaften bestaunen darf. Diesmal hat es dazu geführt, daß ich derzeit ein Loch im Kiefer habe, so groß, da könnte ein Kleintransporter hineinfallen, wenn ich auf der Straße gerade nicht aufpasse.

Als Dunja mit ihrer Arbeit zufrieden schien, ein tiefer Blick auf die Baustelle, ein entspanntes „Sieht gut aus!“, fragte sie zuerst noch: „Bist du müde?“ „Nein.“ „Kreislauf okay?“ „Ja.“

Das war nun der drittletzte Tag des Jahres 2020, eines Jahres, an dem wir alle nicht so sehr hängen. Also fragte sie vorausschauend, ob ich ein Schmerzmittel haben möchte, denn sie würde anderntags gleich nach der Arbeit in die Berge abhauen; an einen Ort, wo sehr viel Schnee und Stille die Situation bestimmen.

„Nein“, erwiderte ich, „mir ist der Ablauf eh klar. Was jetzt noch kommt, das kenn ich schon.“ Sie ahnen, das war leichtsinnig. Ich möchte mich auf die noch wirksam Narkose rausreden, die mir so törichte Worte eingab. Es war nämlich ein kluges Angebot, das ich großspurig ausgeschlagen hatte.

Tags darauf kassierte ich außerdem von Cartoonistin Kerstin Feirer eine interessante Warnung. Ich hatte in meiner Küche noch einige Tabs gefunden, die mir vom unmittelbaren Vorlauf des erwähnten Eingriffs übriggeblieben waren. Also dachte ich mir, das würde ich zur Jahreswende einfach mit den fälligen Drinks kombinieren und daraus eine tiefe Gelassenheit gegenüber dem Restschmerz beziehen.

Für mich schien klar, die Jahreswende würde ich mit Uhudler Frizzante einleiten, durch den bei mir ab der zweiten Flasche die Lichter angehen. Danach Whiskey, um eine nächste Geschmackssensation zu entfalten.

Kerstin sagte am Telefon einigermaßen unmißverständlich, die Kombination solcher Tabletten mit Alkohol könne einem schon beim ersten Versuch umgehend Löcher in die Nierenfunktion stanzen. Damit ist freilich nicht zu spaßen. Daher hieß es dann: „Hallo Schmerz! Und hoch die Tassen!“ Heute lief das allerdings genau umgekehrt.


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