17. Jänner 2021

Härter werden?

„Fest steht eines, es wird noch härter.“ Dieses Aviso hab ich heute aufgeschnappt, da uns im Zusammenhang mit der Pandemie neu adaptierte Reglements bevorstehen. Für wen wäre das nicht beunruhigend?

Ich verstehe es einmal mehr als einen dringenden Hinweis, daß Mäßigung in der Debatte Vorrang haben müßte. An so vielen Stellen sind Hemmschwellen derart niedrig, daß Meinungsunterschiede oft zu einem Gezänk führen, in dem sachlich brauchbare Informationen völlig absaufen.

Ich bin außerdem bestürzt, wie massiv die Bereitschaft grassiert, Andersdenkende zu beschimpfen, abzuwerten, zu verhöhnen. In dieser Frage akzeptiere ich keine Debatte, die dem Schönreden von Gewalt durch Sprache dient.

Sie dürfen mir glauben, ich war mein Leben lang kein Pazifist und bin es auch heute nicht. Ich hab eine tief verwurzelte Affinität zu Gewalt, die allerdings gut an der Kette hängt. Wenn ich heute für Mäßigung spreche, dann aus ganz pragmatischen Gründen und praktischen Erwägungen.

Ich frage mich derzeit öfter: was wirkt? Was wirkt, um die Stabilität des Gemeinwesens zu erhöhen? Wir haben ja schließlich noch eine unbestimmt lange Strecke vor uns, um diese Krise zu durchqueren und zu überstehen.

Dabei hat es mich im vergangenen Jahr enorm beunruhigt, wie schnell der Gewaltverzicht rundum erodiert ist, was uns alle schwächt, wo wir Kraft brauchen, um diese Krise zu bewältigen. Eben weil ich kein Pazifist bin und zu diesem Thema ein durchaus intimes Verhältnis hab, weiß ich um die erheblich Kraftvergeudung, die das auf beiden Seiten bewirkt.


Ich kenne mich mit dem Zuschlagen gut aus, was die Faust und das Wort gleichermaßen meint. Täter und Opfer verausgaben sich dabei auf eine Art, die keinerlei Nutzen bringt, sondern nur belastet und schwächt.

Die Spannungsabfuhr, wegen der Täter zuschlagen, mag als kurzfristiger Effekt wohltuend erscheinen. Aber die Energiebilanz geht in den Arsch, wenn man Teil des sozialen Systems bleibt, innerhalb dessen man zugeschlagen hat.

Damit meine ich, ganz nüchtern betrachtet: im Modus „hit and run“ könnte man den wohltuenden Effekt verlängern und würde erst später von den nachteiligen Effekten eingeholt werden, die Gewalttäter unbedingt auch an sich selbst generieren. Das macht es nicht besser.

Ich meine das keinesfalls im Sinn eines moralischen Konzeptes, sondern ich unterstreiche, was es psychisch mit einem macht, wenn man sich Gewalttätigkeit erlaubt. Außerdem verachte ich diese Anmaßung.

Es wird leider auf einigen Seiten auffallend ignoriert, daß solche Anmaßung einen bei den „Herrenmenschen“ einreiht. Welche Anmaßung? Die, anderen Gewalt anzutun, und sei es bloß mit Worten.

Dieses Beschimpfen und Verwünschen, wie ich es via Social Media sehe, wie es sich auch Leute aus meinem vertrauten Umfeld erlauben, die sich für honorige Menschen halten, halte ich für ein wachsendes Problem. Genau so beginnt die Brutalisierung einer Gesellschaft.

Wenn sich das ausbreitet, wenn es einmal auf Massenbasis läuft, ist es kaum noch einzudämmen. Wenn es nicht eingedämmt werden kann, schlägt es beizeiten in physische Gewalt um. So einfach liegen diese Dinge…


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