29. März 2021

Die Sache mit den Kartoffeln

Es verdichten sich zunehmend Mitteilungen, daß Menschen aus meinem nahen Umfeld dafür sorgen, für mehrere Tage keinen Alkohol im Haus zu haben. Das muß ich nicht erläutern, es erklärt sich von selbst.

Ich hab an mir auch längst überprüft, ob sich da Gewöhnungseffekte einstellen. Das fällt mir insofern leichter, als ich mich einem strengen Sparplan unterworfen hab, der von Tages- und Wochenbudgets handelt. Die Einhaltung stelle ich per Excel-Sheet sicher. Da wird jede Ausgabe vermerkt. Anders habe ich den Geldfluß nicht hinreichend verläßlich unter Kontrolle.

Allein an dieser Stelle regelt sich mein Umgang mit der Trinklaune, denn ich mute mir keine mindere Weinqualität zu, was sich ja unter anderem auch am Preis der Flasche festmacht. Aber letzten Dienstag schob ich vergnügt einen Cava ins Tiefkühlfach. Der spanische Schaumwein war mir am Dienstag davor im Regal liegengeblieben.

Dieses Säftchen muß für mich an der Schmerzgrenze kalt sein, um eine maximale Geschmacksexplosion zu bewirken. Für Trunkenheit reicht eine Flasche bei mir nicht. Aber ein kleines Fest zur späten Stunde geht sich aus.


Tags darauf ging ich auf die Suche nach Milchbrot, um ein anderes Geschmacksfest zu realisieren. Dazu gehören Butter und Kaffee, jeweils in großen Rationen. Milchbrot mit Rosinen. Nicht jene industriellen Teigklumpen, die sich im Mund schnell wie Mörtel anfühlen. Nur vorzügliche Ware liefert den erfreulichen Effekt.

Bei der Gelegenheit habe ich staunend erlebt, was sich im Gesicht einer Verkäuferin tut, wenn ich ihr 40 Cent Restgeld überlasse. Sie fragte nach, wie das gemeint sei. Ich sagte: „Erschwerniszulage“. Das löste rund um ihre Augen etwas aus, da dachte ich: sowas muß man öfter machen.

In den Tagen danach fragte ich noch einmal um ein Stück Lachs, damit ich jenes Gericht nachbauen konnte, mit dem ich kürzlich ein Frau bekocht hatte, als wir uns – selbstverständlich beide frisch getestet – nach einem Spaziergang auf meinen Routen in meiner Küche einfanden.

Dazu sind verschiedene Gemüse, gewürzt, das Bett für die Lachsstücke, was gesamt ins Backrohr kommt, bis sich der Duft in der ganzen Wohnung verbreitet. In der Anbahnung dieser Duftsituation hatte ich zweierlei mehrfach zu hören bekommen: Weshalb ich die Zucchini abschäle und weshalb ich die Kartoffelstücke vorkoche. Man müsse die Kartoffeln nicht vorkochen. Das sei nicht nötig. Die Kartoffeln gingen auch so…

Meine ewige Neugier, mein unstillbarer Erkenntnishunger: nun kamen die Zucchini-Stücke mit Schale und die Kartoffel ungekocht unter den Lachs. Was soll ich sagen? Das wurde eine runde Sache, aber die Kartoffelstücken blieben zu hart. Sie sehen, ich bin den Ansprüchen lebenserfahrener Frauen nicht gewachsen. Es mangelt mir an allerhand entscheidenden Kompetenzen.

Derzeit grüble ich noch über die fälligen Entscheidung nach: a) Kochkurs oder b) noch eine Flasche Cava und ein Gedicht schreiben?


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