8. Jänner 2023

Komplexitätskrise

Eine vorzügliche Komplexitätskrise ergibt sich, wenn ich so lange zwischen mehreren grundverschiedenen Themen hin- und herhüpfe, bis in mir irgendeine Leitung zu schmoren beginnt, dann fliegt eine Sicherung und der ganze Laden steht. Das habe ich aktuell noch mit einem Momentchen körperlicher Überlastung hinterlegt.


Versierte Abenteurer wissen natürlich, was ich stets neu herausfinde. Ich muß langsamer gehen als ich möchte. Falls die Steigung nur wenige Grade zu heftig ist, beginne ich auszufallen. Es bedarf moderater Winkel der Wege, rauf oder runter, egal. Diesmal wurden mir für einen Teil der Route Walking Sticks angeboten. Die trug ich als nutzlose Fracht mit mir, denn meine Arme und meine Schultern lassen sich mit dem, was meine Beine tun, überhaupt nicht synchronisieren.


In der milden Dünung einer Forststraße, die keine radikalen Neigungswinkel hat, außer man käme vom Weg ab und auf die Böschung, das wäre sehr übel, in diesen schlichteren Niveauwechseln kann ich nach einiger Zeit ruhig atmen und es tut sich in mir eine Art Fröhlichkeit auf. Dazu die unglaubliche Stille rundum, bloß gelegentlich ein Bach, der den Weg kreuzt, ein Flüstern an Waldgeräuschen, nichts sonst. Das finde ich sehr anziehend, um einen Kontrast zu jenen Stunden zu bekommen, in denen ich mich zuhause derzeit durch Sedimente meines Archivs fräse.

Ich war von dieser Dichte der Dinge wie Themen und der anbrechenden Komplexitätskrise etwas konfus, hatte heute nach dem ersten Kübel Kaffee einen flüchtigen Wochenend-Plan gefaßt, der zersplitterte, als ich begriff: Ich bin hier derzeit der einzige Kerl, der meint, es sei noch Samstag. Aber es war schon Sonntag. Also zog ich die Bergschuhe an und ging wieder raus, um an die gestrige körperliche Erschöpfung eine heutige zu knüpfen. Hat gut geklappt.

Zuhause packte ich die Avantgarde-Pralinen aus, die mir Malerin Monika Lafer geschenkt hatte. Es galt weiter meine Autominiaturen nach Marken und teilweise Typen zu sortieren, damit ich eine Chance bekäme, zu finden, was ich aktuell brauche. (Demnächst möchte ich eine Straße mit Hybriden und Elektrikern nachstellen.)

Außerdem durchsuche ich Restbestände der Briefmarkensammlung aus meinen Kindertagen. Es geht mir um Motive, die zu aktuellen Projektteilen passen. So wie der Großgeneratoren-Läufer des Elin-Werks, eine Sondermarke aus dem Jahr 1961, die ich als Ersttagsbrief hab.

Fotograf Richard Mayr schrieb mir derweil zu seinen ersten Fotos von der Raab-Quelle: „da gehen wir bei besserem Licht wieder hin.“ Bis dahin übe ich noch ein wenig, wie man diese Böschungen gelassener nimmt.

+) Raab: Wasserrad (Einige grundsätzliche Überlegungen)

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