23. März 2023

Der hybride Krieg IX

Es ist zum Erbarmen. Und todlangweilig. Der meist gesenkte Blick aus diesem aufgeweichten Gesicht. Die farblose Stimme, mit welcher er seinen viel zu langen Text viel zu schnell vorträgt. Er liest ihn vom Blatt ab. Die ganze Körpersprache ist eine Demutsgeste und inhaltlich wirkt der Mann wie ein Spießer, der sich bei seiner Anbiederung an den Boss quält.

Da hab ich doch Herrn Putin schon ganz anders gesehen. Man erinnere sich zum Beispiel, wie herrisch er die Chefpartie einer Lokomotiven-Fabrik zusammengefaltet hat, um sie auf Spur zu bringen. Alles an ihm glänzte und strotzte. Nun aber, um Xi Jinping zu rühren, der die Huldigung mit steinerner Mine hinnimmt, nun süßelt und übertreibt er, säuselt sich in eine Kumpanei, für die er sich an die Spitze technologischer Innovationen und wirtschaftliche Macht träumt.


Ganz Streber, so zählt er irgendwelche Provinz-Projekte und Brücken auf, die man als Beleg der vorzüglichen Zusammenarbeit mit China deuten möge. Ich bin fast gerührt, wie er sich plagt, um den mächtigsten Verbündeten, den er finden kann, geneigt zu stimmen. Dabei kann ich es mir nicht anders vorstellen, als daß Herr Putin bei Boss Xi am Rande der Verachtung rangiert, denn der russische Präsident hat es versemmelt. Und wenn Xi etwas genau kennt, dann das: wie klar wird, daß man sein Gesicht verloren hat. (Ich denke, das ist Putin inzwischen passiert.)

Es erinnert mich so markant an unseren operettenhaften Kaiser Franz Josef, der noch heute von völlig besinnungslosen Menschen romantisch verehrt wird. Dieser umfassend nutzlose Monarch, Boss eines Imperiums, wollte das kleine Serbien niederschlagen. Ein zeitlich und regional begrenzter Feldzug sollte das werden, um den Habsburgern ein Stück Kolonisierung des Balkans zu ermöglichen.

Aber was war geschehen? Schon die ersten österreichischen Schläge gegen Serbien trafen in die Tonne, gingen gründlich schief, obwohl diese gelegentlich zum Irrationalen neigenden Südslawen gerade von blutigen Balkankriegen geschwächt waren, in denen die Osmanen aus der Region abziehen mußten.

Das haben sie gemeinsam, Franz Josef und Putin. Solange sie Nutznießer der Arbeit von Millionen-Völkern waren, ging alles ganz gut. Nun bin ich neugierig, wie es Putin weiterhin anlegen will, Zum großen Feldherren reicht es nicht, das scheint mir schon geklärt. Für einen neuen „Vaterländischen Krieg“ scheinen mir die Zeit, die Weltwirtschaft und die Kompetenzen russischer Kommandeure unpassend.


Ein Feudalherr konnte sich immer nur halten, so lange er seine Gefolgsleute für ihre Gefolgschaft angemessen zu entlohnen verstand. Lehenstreue gab es ausschließlich im praktischen Leistunsgaustausch. Wird Putin sich in dieser Pose des Lehnsherren halten können? Wird er sich zum Pudel Chinas wandeln? Wird er untergehn? Ich weiß es nicht und wage keine Prognosen.

Aber wir haben derweil ohnehin gut zu tun, halbwegs in Ordnung zu bringen, was die Neue Rechte in Kooperation unter anderem mit etlichen von Putins Gefolgsleuten und Günstlingen an hiesigen Demokratien bewirken konnten.

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