2. April 2023

Langbogen

Gelegentlich male ich mir aus, daß mein Leben wie ein müheloses Tänzeln sein könnte, würde ich mich bloß für ein, zwei Themen interessieren und darin Tiefe suchen, um Meisterschaft zu erringen. Wie zum Beispiel ein traditioneller japanischer Bogenschütze, der sich im Kyudo ganz langsam bewegt, formvollendet und präzise.

Auf das Bild kam ich, weil mich derzeit interessiert, wie aus dem englischen Langbogen jene Kriegsbogen abgeleitet wurden, die man im Wrack der 1982  geborgenen Mary Rose gefunden hat. Der mächtigste davon rangiert im Bereich eines Zuggewichtes von 185 Pfund (83,990 Kilo). Das sagte mir erst gar nichts.


Mit dem Zuggewicht benennt man die Stärke eines Bogens durch die Kraft, die eingesetzt werden muß, um die Sehne des Bogens in einem bestimmten Abstand zum tiefsten Punkt am Griff festzuhalten.

Zum Vergleich: für sportliche Männer mittleren Alters sind Bogen mit einem Zuggewicht von 13 bis 15 Kilo empfohlen, für aktive Sportler 15 bis 18 Kilo. So wird erahnbar, welche hoch trainierten Berserker jene Männer gewesen sein mußten, die Kriegsbogen mit fast 84 Kilo Zuggewicht führten. Erfahrene Leute meinen, solche Schützen müßten fix stationiert und jahrelang im Training gewesen sein.

Nein, ich werde kein Sportler werden. Es ist schon merkwürdig genug, daß ich mich unübersehbar zum Naturliebhaber entwickle. Ich werde auch keinen mühelos tänzelnden Lebensstil anstreben und mich deshalb auf zwei große Themen beschränken.

Ich brauche diese stets anschwellende Komplexität, die mich schließlich in eine Krise stürzt. Mein Glückszustand sieht ja eher so aus: Endlich nicht mehr klug! Dann geht es von vorne los mit dem Erkunden wovon auch immer. Und die britischen Kriegsbögen?

Das waren also die Waffen einer Elite, deren schwere Pfeile mit den speziellen Spitzen die Rüstungen von Rittern durchschlagen konnten. Ich hatte ursprünglich gedacht, sowas sei erst mit den Bolzen von Armbrüsten möglich gewesen. (Ansonsten mußten man ja mit einem Panzerstecher in der Hand ganz nahe an einen Ritter heran.)

Mich interessiert an all dem vor allem die Entwicklung von Waffentechnik, welche fix stationierte und gedrillte Experten verlangt. Damit wurde das Orchestrieren von Macht völlig anders geordnet, was naturgemäß die Kosten in die Höhe trieb. Die mußten stets jene Untertanen erwirtschaften, denen jeglicher Krieg am härtesten zusetzte.

Wie ich darauf komme? Wladimir Putins Gangster führen auf dem Schlachtfeld einen weitgehend konventionellen Krieg. Der ist aber in einen Info-Krieg eingebettet und wird von Truppen im Bereich der Cyberkriminalität begleitet. Diese Aspekte des Krieges betreffen uns alle und sind nicht erst vor rund einem Jahr in Gang gekommen.

Ich brauch eine anschauliche historische Hintergrundfolie, um diese Zusammenhänge sortieren zu können. Krieg ist nichts Natürliches und ich glaube nicht einmal daran, daß kriegerische Gewalttätigkeit in unserer Natur angelegt ist. Wir haben das kulturell erworben. Zum Nutzen weniger Leute. Daran muß also unter anderem kulturell gearbeitet werden...

+) Eurasient