17. August 2023

Prometheus und die Konsequenzen

Brauchen wir Autos mit tausend PS Motorleistung? Brauchen trifft es nicht so genau. Es ist eine Angelegenheit, sich derlei leisten zu können. Es ist eine andere Angelegenheit, sowas straßentauglich zu machen, ohne daß einem der Motor bald um die Ohren fliegt.



Ferrari SF 90, 1.000 PS

Worüber wollen wir reden? Über Leute mit genug Geld für so ein Auto? Über Techniker, die so eine Maschine bauen können? Über Ökologie? Das Umweltthema können wir hier weiterreichen. Supersportler dieser Kategorie sind kein ökologisches Problem gegenüber der Volksmotorisierung mit ihren Flotten von unterschiedlich alten und halbwegs neuen Karren, samt all der SUVs.

Über Reichtum und Verteilungsgerechtigkeit können wir reden, wenn das ein Anliegen ist und jemand den Diskussionsgegenstand klar formuliert. Was wir am Schelchenberg sehen konnten, verlangt nicht ausschließlich, aber doch überwiegend sehr wohlhabende Leute, die sich den Fahrzeugen mit Emotionen und Ressourcen widmen.



Ferrari 296 GTB, 830 PS

Ich hab in dem Zusammenhang vorhin Kathedralen, Bach, und Mozart erwähnt, nicht zufällig, aber dazu komme ich später noch. Es ist freilich legitim zu fragen, weshalb es Autos gibt, die street legal sind und tausend PS haben.

Auf der Rennstrecke war das schon in den 1970ern vorgekommen. Der 917er Porsche lieferte mit seinem 12-Zylinder Boxer für CanAm-Rennen 1.1000 PS. Für die Straße gab es den Bugatti Veyron erst ab 2005. Da waren in der Folge bis zu 1.200 PS möglich. Notwendig? Natürlich nicht! Nützlich? Schauen wir...



Lamborghini Aventador, 740 PS

Was und wozu?
Physikalisch betrachtet sind das Technologieträger, an denen technisches Personal seine Entwicklungspotentiale erprobt. Das generiert Know how, welches in ganz verschiedene Richtungen genutzt werden kann. Natürlich ist das keine bloße Grundlagenforschung, sondern drängt auch auf den Markt, um einen Return of Investment zu generieren.

Soziologisch betrachtet ist das ein Konsumangebot, mit dem jemand noble Distanz zum Geld und zur breiten Bevölkerung ausdrücken mag. Ich verstehe, daß man sowas als provokant empfinden kann. Deshalb bleiben wir in diesem Punkt (ebenso wie bei Fragen technischer Machbarkeit) auf weiterführende Debatten angewiesen.

Zum Beispiel, wie sich das Verhältnis zwischen reichen und armen Leuten entwickeln soll, was technisch realisiert und was unterlassen werden soll etc. (Wer dazu bloß Phrasen drischt, stiehlt mir die Zeit.)



Porsche 911 GT3, 500 PS

Kulturelles
Seit der erste Stock zugespitzt und der erste Faustkeil geschlagen wurde, erweitern Menschen ihre Organe um Werkzeuge und um Waffen. Dieses Erdenken, Erproben und Verbessern von Dingen hat nie dort geendet, wo eine Funktion gegeben ist, um Alltagsorganisation zu erledigen.

Das symbolische Denken hat (als Teil der Conditio humana) immer etliche Menschen gedrängt, über Grenzen hinauszudenken und hinauszugehen. In Europas Mythologie verkörpert das Prometheus, der Vorausschauende. Er stahl das Feuer vom Olymp und wurde dafür entsetzlich bestraft.

Menschen fordern die Götter heraus. Heute hieße das: Mit der Natur können wir nicht verhandeln. Es hat immer Konsequenzen. Wer da Kritik anbringen möchte, sollte präzise sein, sonst nützt mir das nichts. Ich werde stets skeptisch, wenn jemand bloß Argumente zur Person vorbringt, mir aber Argumente zur Sache vorenthält.

+) Schelchenberg 2023