28. Februar 2024

Leben in der Kunst X

Da war nun eben dieser Tag in Wien. Ermutigende Stunden. Ich hatte auf meiner Tour mit Fotograf Richard Mayr einerseits diese Session in einem Tonstudio zu absolvieren, andrerseits einen Galeriebesuch.

Im Studio ging es darum, Kammerschauspieler Robert F. Wagner beim Einlesen meiner Gedichte zuzuhören. Das war eine sehr erfreuliche Erfahrung. Und zwar vor allem durch diesen völlig unaufgeregten, fast schon lapidaren Umgang mit der Situation, die wir uns gemeinsam geleistet haben.



Krusche, absichtslos schauend, by Heinz Payer (Ausschnitt).

In der Zusammenarbeit mit vorzüglichen Leuten interessiert mich ja eigentlich bloß: Inhalte, Inhalte, Inhalte, zuzüglich die Arbeit an Umsetzungsfragen. Und der größere Zusammenhang. Da hat Tontechniker Hubert Weninger seine speziellen Zugänge und Erfahrungen, Schauspieler Wagner sowieso.

Mir ist es sehr nützlich, wenn ich Gespräche über Bedingungen des Kunstgeschehens in ganz verschiedenen Genres führen kann. Es gibt eine Reihe von Schnittpunkten und allerhand Kontraste, Differenzen. Im Grunde reden wir dann so über die Arbeit, wie das auch Automechaniker miteinander tun, Rechtsanwältinnen, Polizisten.

Dagegen läßt mich oft staunen, wie unrealistisch viele Laien den Kulturbetrieb einschätzen. Aber ich denke, das gilt für andere Metiers ebenso. Wer nicht fragt, sondern mit seinen Klischees und unüberprüften Annahmen in Felder anderer Professionen reinrennt, mehr den verbreiteten Obskurantismus.



Kammerschauspieler Robert F. Wagner im Studio.

Ich kenne auf Kunst bezogen diese Kuriosität der Kompetenzphantasie, wie man sie einem Mechatroniker, einer Herzchirurgin oder einem Heizungsinstallateur meist nicht zumuten würde. Kulturbeflissene Laien schwadronieren oft drauf los, als gäbe es kein Morgen. Ich vermute da unter anderem eine bildungsbürgerliche Schrulligkeit.

Wer nicht borniert genug ist, das Kunstgeschehen rundheraus für Blödsinn zu halten, wird Kunstsinn eventuell simulieren oder soziale Argumente zur Abwertung vorschieben. Solche Effekten gibt es in vielen sozialen Milieus, auch beim Kulturvölkchen selbst.

Das war mir bei der zweiten Station jenes Tages noch weit klarer. Karl Irsigler hat seine feine „Agentur für bildende Kunst“ in einem schönen Anwesen eingerichtet, das nahe einem markanten Weinberg liegt. Er ist mit dem Kunstmarkt gründlich vertraut.



Kunsthändler Karl A. Irsigler.

Ich kam ins Staunen, von welchen Ressentiments gegenüber dem Kunstgeschehen er zu erzählen wußte. Das steht in guter Tradition dieser österreichischen Intellektuellenfeindlichkeit, die nicht verebben will, der sich sogar Bildungsbürger hingeben.

Was also mein Schnösel vom Kulm mir nun schon geraume Zeit exemplarisch vorhüpft, hat eine weitreichende Dimension. Man könnte, wie mir scheint, fast von einem Volkssport sprechen. Um es mit den Worten der Psychiaterin Adelheid Kastner zu sagen: „Die Dummheit schämt sich nicht.“ Sie drängt sich sogar manchmal auf.

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