17. Mai 2025

Von Don zu Don XVII


Falls wir uns einig sind, daß die Würde des Menschen unteilbar sei, können weder der Pate von Washington, noch Don Putin davon ausgenommen werden. Es ist daher völlig unakzeptabel, wenn sich jemand durch schillernde Beschimpfungen von Trump oder Putin eine private Spannungsabfuhr gönnt, wie man das in den Social Media laufend findet.

Es ist ferner ein ebenso arroganter wie unseriöser Akt, psychologische „Ferngutachten“ zu erstellen und auszustreuen. Ich staune, in welchem Maß solche Zumutungen auch aus meinem vertrauten Milieu kommen. Da wurde also nicht verstanden, daß genau diese Art von praktischer Menschenverachtung eine fixe Position im Fundament des Faschismus ist.


Derlei Bewußtlosigkeit zeigt mir, daß jemand auf nötige Hausübungen verzichtet hat und sich auf Kosten anderer nach einem ganz alten Muster verausgabt. Aber was dann? Es ist nicht zu übersehen, daß Putin und Trump einige Interessen teilen. Zum Beispiel die Zerrüttung des westlichen Europas, von dem Trump-Vize Vance offen sagt, dessen liberale Demokratien seien Systemkonkurrenten seiner Regierung.

Putin macht es sich noch leichter, läßt in seinem Land seit Jahren verbreiten, bei uns würden lauter Nazi wirken, die Rußland zerstören möchten. Wie solche Figuren das mit all ihren Mitteln betreiben, ist evident: Desinformation, Wahlbeeinflussung und Cyberangriffe auf Europas Wirtschaft sowie Infrastruktur sind Standard.

Rechnen Sie noch dazu, was China mit Plattformen wie Temu etc. an Europas Wirtschaft anrichtet, während quer über den Kontinent eine Welle der Deindustrialisierung rollt, sollten wir uns langsam fundiertere Sorgen machen, statt die beiden Paten zu beschimpfen.



(Quelle: ORF)

Wie eingangs erwähnt, daß die Würde des Menschen unteilbar ist, halte ich für geklärt und unanfechtbar. Davon sollten uns gerade Trump und Putin nicht abbringen können. Wer sie via Medien beschimpft, hat die Seite gewechselt. Daran läßt sich nicht rütteln.

Und nun? Diese Tyrannen müssen ideologisch und politisch angefochten werden. Das genügt völlig. Also: Argumente zur Sache, statt Argumente zur Person. Die amerikanische Politikerin Nancy Pelosi kann bezüglich Trump wie folgt zitiert werden: „Mit Ihnen, Herr Präsident, führen alle Wege zu Putin.“

Das bedeutet mittlerweile, beide Präsidenten stehen für einen Faschismus auf der Höhe der Zeit. Eine Variante, die gegenüber dem historischen Faschismus ganz andere, teilweise neue Mittel zur Verfügung hat. Polemik geht da ins Leere.



(Quelle: ORF)

Ich berufe mich in dieser Einschätzung auf den Historiker Timothy Snyder und den Philosophen Jason Stanley sowie auf die Faschismus-Theorie von Publizist Paul Mason. Das läßt sich gut mit den Thesen zu einem „ewigen Faschismus“ von Umberto Eco verdichten, auch mit den Ansichten von Guardian-Kolumnist Simon Tisdal: „Tyrants like Trump always fall – and we can already predict how he will be dethroned“.

Es nützt, wenn man sich zu all dem noch ein wenig den „Historiker-Streit“ ansieht, jene „Habermas-Kontroverse“, in der verhandelt wurde, was über Hitlerismus und Stalinismus festzuhalten sei. Ich denke, die Faschismus-Theorie von Klaus Theweleit („Männerfantasien“) ergänzt die Debatte, um unsere vorherrschende Männerkultur halbwegs präzise zu entschlüsseln.

Falls jemand genauer wissen möchte, wie unsere Leute das in den 1930ern und 1940ern gemacht haben, wird die Tagebücher von Victor Klemperer äußerst aufschlußreich finden. Außerdem halte ich sein Buch „LTI“ für wichtig. In „Lingua Tertii Imperii“ legt er dar, wie die Sprache des Dritten Reichs funktioniert hat. Das können wir bis heute bei rechtspopulistischen Kräften Österreichs (bis hinauf in die Bundespolitik) finden.

+) Stahlgewitter


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