Derlei Bewußtlosigkeit zeigt mir, daß jemand auf
nötige Hausübungen verzichtet hat und sich auf
Kosten anderer nach einem ganz alten Muster
verausgabt. Aber was dann? Es ist nicht zu
übersehen, daß Putin und Trump einige Interessen
teilen. Zum Beispiel die Zerrüttung des westlichen
Europas, von dem Trump-Vize Vance offen sagt, dessen
liberale Demokratien seien Systemkonkurrenten seiner
Regierung.
Putin macht es sich noch leichter,
läßt in seinem Land seit Jahren verbreiten, bei uns
würden lauter Nazi wirken, die Rußland zerstören
möchten. Wie solche Figuren das mit all ihren
Mitteln betreiben, ist evident: Desinformation,
Wahlbeeinflussung und Cyberangriffe auf Europas
Wirtschaft sowie Infrastruktur sind Standard.
Rechnen Sie noch dazu, was China mit Plattformen
wie Temu etc. an Europas Wirtschaft anrichtet,
während quer über den Kontinent eine Welle der
Deindustrialisierung rollt, sollten wir uns langsam
fundiertere Sorgen machen, statt die beiden Paten zu
beschimpfen.

(Quelle: ORF)
Wie eingangs erwähnt, daß die Würde des Menschen
unteilbar ist, halte ich für geklärt und
unanfechtbar. Davon sollten uns gerade Trump und
Putin nicht abbringen können. Wer sie via Medien
beschimpft, hat die Seite gewechselt. Daran läßt
sich nicht rütteln.
Und nun? Diese
Tyrannen müssen ideologisch und politisch
angefochten werden. Das genügt völlig. Also:
Argumente zur Sache, statt Argumente zur Person.
Die amerikanische Politikerin Nancy Pelosi kann
bezüglich Trump wie folgt zitiert werden: „Mit
Ihnen, Herr Präsident, führen alle Wege zu
Putin.“
Das bedeutet mittlerweile, beide
Präsidenten stehen für einen Faschismus auf der
Höhe der Zeit. Eine Variante, die gegenüber dem
historischen Faschismus ganz andere, teilweise
neue Mittel zur Verfügung hat. Polemik geht da
ins Leere.

(Quelle: ORF)
Ich berufe mich in dieser Einschätzung auf
den Historiker Timothy Snyder und den
Philosophen Jason Stanley sowie auf die
Faschismus-Theorie von Publizist Paul Mason. Das
läßt sich gut mit den Thesen zu einem „ewigen
Faschismus“ von Umberto Eco verdichten, auch mit
den Ansichten von Guardian-Kolumnist Simon
Tisdal:
„Tyrants like Trump always fall –
and we can already predict how he will be
dethroned“.
Es nützt, wenn man sich
zu all dem noch ein wenig den
„Historiker-Streit“ ansieht, jene
„Habermas-Kontroverse“, in der verhandelt wurde,
was über Hitlerismus und Stalinismus
festzuhalten sei. Ich denke, die
Faschismus-Theorie von Klaus Theweleit
(„Männerfantasien“) ergänzt die Debatte, um
unsere vorherrschende Männerkultur halbwegs
präzise zu entschlüsseln.
Falls jemand
genauer wissen möchte, wie unsere Leute das in
den 1930ern und 1940ern gemacht haben, wird die
Tagebücher von Victor Klemperer äußerst
aufschlußreich finden. Außerdem halte ich sein
Buch „LTI“ für wichtig. In „Lingua Tertii
Imperii“ legt er dar, wie die Sprache des
Dritten Reichs funktioniert hat. Das können wir
bis heute bei rechtspopulistischen Kräften
Österreichs (bis hinauf in die Bundespolitik)
finden.
+)
Stahlgewitter