9. Juni 2025

Meine Position


Anläßlich einer kuriosen Debatte in den Social Media, an der ich stellenweise teilnehme, sind ein paar klärende Überlegungen fällig, die im Rahmen nötiger Antwortvielfalt einer pluralistischen Gesellschaft unweigerlich Kontraste ergeben. Common Sense ist für mich keine Option und schon gar keine Legitimationsstrategie. Wir tragen im Gemeinwesen individuelle Verantwortung.

Mit der Philosophie der griechischen Antike begann der Zweifel auf dem Weg zu Erkenntnis ein anerkanntes Werkzeug zu sein. Die Skepsis meint: Ich betrachte und untersuche etwas. Die Kritik meint: Ich vergleiche und bewerte etwas. Da tut sich Raum für eine recht populäre Schlamperei auf.



Hang zu trüben Kategorien?

Ich meine dieses dümmliche Gerede von der „konstruktiven“ und „destruktiven“ Kritik. Das ist schon allein in seinen Begriffen verräterisch und eine Verfälschung des Begriffs. Ich werde vermutlich als konstruktiv bewerten, was mich unterstützt, als destruktiv, was mich verunsichert. Das sind für mich Varianten von Sozialverhalten. Kritik ist was ganz anders.

Ich kann etwas erst vergleichen, wenn ich verschiedene Positionen kenne. Dann könnte ich darlegen, weshalb ich diese Position bevorzuge und jene ablehne. Das läßt anderen immer noch die Wahl, sich meiner Ansicht eventuell nicht anzuschließen.

Schlampige Kritik, die eine Position als relevant betont, der gegenüber alle anderen bedeutungslos sein sollen, interessiert mich nicht. Sowas geht in die Richtung von Definitionsmacht. Wo aber Macht wirksam wird, hat die Erkenntnis keine Chance.



Marktwert und künstlerischer Wert bedingen einander nicht.

Macht hat nur einen Zweck: für jemanden Nutzen zu generieren. Sie soll sich bezahlt machen. Erkenntnis ist mit diesem Genre nicht vereinbar. Ich hänge einem antiken Prinzip an: Erkenntnis möge sich nicht bezahlt machen, sondern erweisen. Das sehe ich wie den Unterschied zwischen Grundlagenforschung und angewandten Formen. Hier Erkenntnisgewinn, dort Vermarktung und Return of Investment, danach auch Profit.

Ich halte solche Trennschärfe in der Kunstpraxis ebenfalls für unverzichtbar. Was zu relevanten Kunstwerken führt, ist eine Sache, was sich am Markt bewährt, eine ganz andere. (Ich gehe davon aus, daß Menschen, die sich für Kunst interessieren, den Unterschied zwischen materiellem und immateriellem Profit kennen.)



Das Nebulose braucht keine klaren Begriffe.

Als Künstler bin ich an keinerlei Ketten gebunden. Ich darf denken und tun, was mir beliebt, was mir interessant erscheint. Doch „Freiheit der Kunst“ deckt nur diesen Bereich. Sie deckt nicht den Umstand, daß mein Denken und Tun in Gemeinschaft Konsequenzen haben, denen ich mich stellen muß. Kurz gesagt: die Freiheit der Kunst bedeutet keine Freiheit von Konsequenzen.

Man sollte kein Genie sein müssen, um darin die Frage nach individueller Verantwortung zu entdecken. Die aber muß sich nicht in der Kunst einlösen, sondern in sozialen Zusammenhängen. Für mich als Mitmensch, als politisch anwesenden Menschen. Für mich als Mann der Republik, welcher überlegt, was taugliche Beiträge einzelner Personen sein können, um die Demokratie zu stabilisieren.

Das hat aus meiner Sicht vor allem einmal diese Bedingungen: Gewaltverzicht und die Sorge um Verteilungsgerechtigkeit. Aber das sind, wie schon angedeutet, keine Agenda der Kunst, sondern soziale und somit auch politische Aufgabenstellungen. Es geht mir bei all dem um einen weiten Horizont und darum, keine Angst vor Widersprüchen zu haben.

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