Der kurze Sommer des Automobils / Seite 7

Völlig unschuldige Menschen erwähnen nur kurz irgendeine Automobil-Angelegenheit, die nicht bloß mit dem Alltag zu tun hat, schon laufen sie Gefahr, von mir einen Vortrag zu hören. "Ich wollte das jetzt gar nicht so vertiefen", erfahre ich dann mitunter.

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Ford Model A Roadster

Es gibt auch Leute, denen geht es mit wild wachsenden Pflanzen oder Kochrezepten ebenso. Schuhe können so ein Thema sein. Unter uns Menschen sind eben manche für Schwerpunktthemen enorm anfällig. Ich hab ja noch ein paar andere, wo dann vertraute Personen meinen, sie hätten alles nötige dazu schon vor Jahren von mir gehört.

Was soll ich machen? Stets stecke ich in all dem, was mich interessiert. In letzter Zeit hab ich ein sicheres Gefühl, was zwei Dinge angeht. Erstens brauche ich noch 50 Jahre, um halbwegs abzuarbeiten, was mich beschäftigt. Zweitens werde ich die nicht kriegen.

Ich bleibe also ein maßloser Schwimmer im Überfluß der interessanten Angelegenheiten. Was mich manchmal rührt, sind Menschen in meiner Umgebung, die mich wissen lassen, sie haben sich für Autos bisher eigentlich eher nicht interessiert, aber seit wir geredet hätten, würde ihnen sowas auffallen.

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Fiat X1/9 in Graz

So komme ich dann zu freundlicher Post mit oft bemerkenswerten Fotos. Ich muß in weiteren Schritten stets achten, wer davon Privatperson ist und nicht im Web vorgeführt werden sollte, wer dagegen meine Terrains im Licht der Öffentlichkeit teilt.

Ich gebe Ihnen ein kleines Beispiel, was mich in der Sache gerade erst von Sonntag Morgen bis Dienstag Morgen erreicht hat. Der Kulturschaffende Oswald Schechtner schrieb mir: "Hallo Martin, heut hab ich eines für dich... ;-) ...gestern in Krumegg." Das Foto zeigt einen wunderbaren Ford Model A Roadster.

Mirjana Peitler-Selakov ist als Dipl. Ing. der Elektrotechnik in der Automobilentwicklung tätig, Schwerpunkt Funktionale Sicherheit, hat aber kein erwähneswertes Interesse an Autos.

Doch was ihr unterkam, war für einen eigenen "Sontagsgruss" gut. Ein blitzender Fiat X1/9, der prominenteste Siebzigerjahre-Keil im erschwinglichen Sektor, von Bertone unverkennbar gestaltet.

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Ein Zastava, der jugoslawische Version des Fiat 600

In privater Post kam gestern ein gut erhaltener Zastava aus Kroatien daher, der "Fica", was im Südslawischen eine liebevolle Deutung von Fiat ist. So geht das dahin. Manche vermuten in solchen Flausen, wie sich mich beschäftigen, die Zustände von banalen Petrol Heads. Ich weiß es natürlich besser ;-)

Es gibt ja viele Facetten, in denen wir einander die Welt erzählen können. Artefakte und ihre Bedeutungen, jedes Beispiel dafür gut, ein Stück unserer Sozialgeschichte hervorzukramen.

Das habe ich übers Wochenende auch mit Peter Reisch erörtert, einem Nachfahre des Weltreisenden Max Reisch. Wir sind Buchmenschen. Das kann man ruhig so sagen... In einer Zeit, die es Sachbuchautoren nicht gerade leicht macht.

Meine Frage: "sind wir die letzten verrückten, die BÜCHER für unverzichtbar halten?" mit der Randbemerkung, wir seien wohl "merkwürdige Existenzen", quittierte er mit: "Bestens formuliert finde ich 'merkwürdige Existenzen', nämlich der Doppelsinn: Die Schreiber und Autoren sind Existenzen, die man sich merkt!" Ein kleiner Hinweis, daß wir uns nicht zu den Kulturpessimisten zählen. Aber davon später mehr.

+) Sammlung Max Reisch [link]


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