the long distance howl / ncv / seite #89

Flieger
(GESCHICHTE der österreichischen Flugpioniere Renner)
Von Igor F. Petković

Das geschichtlich bedeutsamste Ereignis zur Grazer Herbstmesse vollzog sich am 26. September 1909, als die Söhne des Artisten Franz Renner (1866–1912), Anatol und Alexander (siehe: Renner-Buben), erstmals Aufstieg und Landung eines in Österreich gebauten (37 Meter langen) lenkbaren Luftschiffes, Renner Estaric-Lenkballon I, erfolgreich zuwege brachten und das in jener Zeit herrschende Interesse am Flugwesen ungemein steigerten.

Die „Renner-Brüder“ Alexander und Anatol, geboren Ende des 19.Jahrhunderts, reisten mit Vater Franz als Artisten durch die Welt. In Amerika entdeckten sie die neuen Luftschiffe und widmeten sich von nun an der Fliegerei.



Der erste österreichische Lenkballon „Estaric I“ auf seinem Jungfernflug 1909 über Graz. (Privatarchiv Alexander Renner) [Große Ansicht]

Ihre von einem 24 PS Puch Motor getriebene „Estaric I“ wurde durch Gewichtsverlagerung gesteuert, wobei die beiden Artisten auf dem schmalen Steg unterhalb des Ballons hin- und herliefen. Bei einer Flugschau rutschte Anatol dabei aus und stürzte auf das Dach einer Halle, wobei er zum Glück unverletzt blieb. Sein Bruder konnte das nun viel zu leichte Luftschiff nur landen, indem er mit dem Taschenmesser die Hülle durchstach.

Die beiden Brüder zeigten auch vor Kaiser Franz Joseph I. ihre Kunst, der Ihnen dafür eine goldene Uhr mit Widmung schenkte. Mit dem Aufkommen der Flächenflugzeuge zogen sie sich völlig aus der Fliegerei zurück und verbrachten ihren Lebensabend in Graz.

In Fachkreisen ist die Bezeichnung „Renner-Buben“ für Vater Franz sowie seine Söhne Alexander und Anatol („Doli“) unüblich, hat sich allerdings in der populären Berichterstattung, vor allem in der Steiermark, durchgesetzt. Die „Zirkus-Familie“ wird der Stadt Graz zugerechnet, obwohl jedes der Renner-Kinder (drei Söhne und sechs Töchter) der Eheleute Franz und Samara Renner an einem anderen Ort geboren wurde.

DDer Graz-Bezug ergibt sich wohl wesentlich durch den „bürgerlichen Zweig“ der Renner-Familie, den Bruder von Franz: „Fleischhauermeister und Hausbesitzer“ Matthias Renner. Anatol erzählte gerne von gefahrenen Motorrad- und Automobilrennen. 1907 sollen die Brüder Alexander und Anatol Flugversuche mit einem Gleitflugzeug absolviert haben. Alexander machte im Ersten Weltkrieg als Jagdflieger von sich reden.

Luftschifffahrten

1909 startete das Trio erstmals einen „Lenkballon“ namens „Estaric 1“. Damit hatten sie das erste starre Luftschiff der Habsburger Monarchie zum Fliegen gebracht. Das Gerät war von einem Motor der Puch-Werke angetrieben worden, die Hülle hatte ein Volumen von zirka 700 Kubikmetern. (Rod Filan schrieb im April 2004 in „The Aerodrome Forum“: „the triangular cross-sectioned gondola looks almost identical to a Knabenshue Toledo II, right down to the rudder.“)

Max Mayr zitierte in den „steirischen berichten“ 5/99 einen zeitgenössischen Bericht der „Kleinen Zeitung“: „Es war reichlich vier Uhr, als der ESTARIC startklar wurde. Riesenaufregung in der Halle. Endlich ist alles soweit. Der gelbe, 30 m lange Koloß kommt aus der Halle. Kommandoworte von Papa Renner.

Das Luftschiff wird losgelassen, schwebt jedoch langsam zur Erde. Es ist zu schwer. Noch mehr Sand abwerfen. Neue Probe. Nun hält es in der Luft. Der Motor knattert, der Propeller surrt, das Luftschiff entschwebt. Nun vollzieht sich das unvergeßliche Schauspiel des Hinaufgleitens des mächtigen Schiffsleibes in sein Element. Enthusiastischer Jubel der vielen Tausend, die Musik fällt ein, Alexander und Anatol schwenken oben ihre Mützen. Die erste Fahrt war geglückt. Ihr folgten im Verlauf der folgenden Tage noch weitere acht Fahrten, wobei der ESTARIC wiederholt über Graz manövrierte.“

Dieser Flug hatte am 26. September 1909 während der Grazer Herbstmesse stattgefunden. Am 16. Oktober des gleichen Jahres fand im Wiener Prater eine Demonstration für Kaiser Franz Joseph I. statt. Tags darauf soll es zu einem Fehlversuch gekommen sein.

Der Hobby-Historiker Stefan F. Kozelka berichtet, die „Estaric“ sei in Strebersdorf niedergegangen, genauer: in der Strebersdorfer Au. Zu der Zeit hielt man das Gerät noch für einen „Zirkustrick“. Am 30. Oktober 1909 startete das „Luftschiff Estaric I“ vom Gelände des heutigen Südbahnhofmarktes in Linz. Ein zweites Luftschiff der „Renner-Buben“ trug den Namen „Graz“. Es war rund 62 Meter lang und ist von zwei Escher-Motoren angetrieben worden.

Ehrungen

In Feldkirchen bei Graz entlang des Flughafens trägt eine Gasse den Namen Rennergasse. Im Ortsteil Windorf der ehemaligen Gemeinde Pirka bei Graz, nunmehr der Gemeinde Seiersberg-Pirka, wo sich die Rennerbuben in einer Villa niederließen, wurde gegenüber dem ehemaligen Wohngebäude eine Gasse "Rennerweg" benannt. [Quelle]

+) Die Veranstaltung
+) http://www.aporon21.org

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