diskursbeiträge zur netzkultur

The Junk: Der urbane Hobo-Moment
Über das Gehen in verboteten Zonen, exterritoriale Inschriften, einen verschobenen Blick auf die Stadt („art under net contitions“ in aktuellen Momenten)
Von Martin Krusche

Vortrag im Rahmen von
„OPEN SOURCE ARCHITECTURE: NOW“
by "ortlos architects"
15. bis 19. April 2004 im “forum stadtpark", Graz

Ein kleiner Bericht aus verbotenen Zonen. Das hat zwar mit spannenden Momenten zu tun, ist aber weder besonders subversiv, noch exotisch. Der „Hobo-Moment” markiert nur Augenblicke der Hauslosigkeit. Im Kontrast zu den großspurigen Vorhaltungen, da sei etwas Nomadisches in den verschiedenen künstlerischen Praxen. Was im Gegensatz zu jenen, die tatsächlich und seit jeher Hauslose und Nichtseßhafte sind, sich etwas geziert ausmacht. Vor allem, weil unsere künstlerischen Praxen doch überwiegend in die urbanen Räume, in die klassischen Zentren führen. Wo die fesch Nomadisierenden ja vor allem sein und wahrgenommen werden möchten.

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Das sind Selbstüberhöhungen in der Tradition des romantischen Phantasmas vom „schönen Wilden”. Somit also eine kultivierte Spielart des Rassismus. Was immer ich als vielleicht eigensinniger Künstler an sozialen Bürden zu tragen habe, an manchen Nöten und beschreibbarer Marginalisierung, ich hab wenigstens mein Reflexionsvermögen, meine medialen Mittel, meine Gelegenheiten, der etablierten Definitionsmacht ins Wort zu fallen. Das hat auch damit zu tun, bei der Verteilung und Widmung verfügbarer Räume mitzureden. Bei der Strukturierung und Gestaltung dessen, was in öffentliche und private Zonen aufgefächert wird. Und in jene, welche dabei diffus bleiben.

Ich kann in diese Verhandlungen eintreten. Auch in bescheidener Parteienstellung mich als Bürger vom Untertan abgrenzen. Indem ich am politischen Leben teilnehme. Also am öffentlichen Leben. Was öffentlichen Raum bedingt. Ob mir Politik und Verwaltung dazu nun eine Einladung schicken oder auch nicht. Denn das hat uns webgestützte Telepräsenz augenblicklich noch nicht offeriert: verläßlich öffentlicher Raum zu sein. (Wir arbeiten dran ;-)))

Das Web als neue Agora? Bill Gates’ Pläne lesen sich gar nicht in diesem Sinn, wie er vor 2.500 Jahren skizziert wurde. (Damals freilich nur für wenige Privilegierte.) Heute muß das allen offen stehen: Ein barrierefreier Zugang zum öffentlichen und Teilnahme am politischen Leben. Aber wo, wo ist der Raum und Ort dafür? Wie ist er beschaffen? Das stellt sowohl in Fragen der Bildung und Kultur, wie auch in jenen der Architektur, der Widmung und Gestaltung, der Ausstattung von Räumen konkrete Bedingungen.

Meine EDV-gestützte Mobilität ist kein Hoboism. Vor allem, weil mich niemand aus der (meiner) Stadt wegweisen kann. Der Künstler als „schöner Wilder” bliebe dabei eine lächerliche Attitüde. Angesichts der realen sozialen Verhältnisse, die hinter den landläufig bekannten Devianzkonzepten noch einige viel radikalere Kategorien der Ausschließung vorrätig haben. Die mich aber nicht betreffen. Selbst in Momenten sozialer Marginalisierung, wie sie bei Kunstschaffenden öfter vorkommt. Das meint, die Wildnis ist anders.

Fahren Sie zum Beispiel mit der Eisenbahn über die Drau auf Beograd zu, blicken von diesen stabilen Brücken der Zivilisation herab, dann sehen Sie ja zu Füßen der Brückenpfeiler, was Hauslosigkeit eigentlich ist. Folglich: Hoboism. Dann blicken Sie in die Gesichter der Paria, Gipsy-People, für die sich niemand zuständig fühlt ... sie auch nur in der eigenen Nähe zu dulden. All das bildet sich darin ab, wie die Städte gemacht sind. Und die Zonen zwischen ihnen. Im Übergang von einer Stadt zur anderen. Wie sich all das zu einander verhält.

In diesem Geflecht von Anlagen, verbindenden Elementen zwischen den Städten sind Eisenbahnnetze gleichermaßen befrachtbare Metapher und reale Infrastruktur. Die Eisenbahntrassen und das Schienenwerk, das auf ihnen ruht. Sie durchschneiden all diese Zonen, Geflechte, überbrücken sie auch. Bilden Muster mit kreuzenden Straßen und Wasserwegen, sind zugleich Aufschrift und Inschrift, Beschriftung der Oberflächen, ebenso in die Böden gegraben, eingeritzt. Wie schon angedeutet, ein für einen Künstler anziehendes Metaphernsystem.

Ich möchte hier eine kleine Skizze vorlegen, wie sich einige Aspekte der österreichischen Netzkultur-Szene entwickelt haben. Diese subjektiv gestaltete Skizze mag sich eignen, neben eine Betrachtung des einschlägigen Geschehens in Polen gelegt zu werden. Aus möglichen Kontrasten und manchen Korrespondenzen könnten sich für beide Seiten interessante Überlegungen ergeben.

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Dies ist ein Textausschnitt. Den Volltext können Sie
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Beitrag zu:
The Junk: Der urbane Hobo-Moment
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