Log #21

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Theologe Fery Berger, der Weizer Kulturreferent Christian Faul, der Pischelsdorfer Künstler Richard Frankenberger ... die Szene stammt aus einem Arbeitstreffen im Weizer Rathaus, wo wir unsere Allianz von Kunst, Kultur und Wissenschaft an einen Tisch mit Politik und Verwaltung trugen. [Siehe Doku-Page!]

Es geht genau um diese Felder, wobei "Kultur" natürlich nicht bloß "Kunst-Kultur", sondern auch Soziales und Bildung meint. Es ist einerseits der wachsende Dialog unter Proponenten dieser Felder wünschenswert, wir erörtern andrerseits auch Optionen, wie im Zusammengreifen dieser Instanzen Projekte entwickelt werden können.

Also, polemisch verkürzt: Einander nicht Aufgaben zuwerfen, sondern sich in Kooperation die Bearbeitung von Aufgaben gemeinsam vornehmen. Das wäre, wenn wir es nennenswert voranbringen eine regional- und kulturpolitische Innovation.

Siehe dazu auch die Notizen "Weiter Horizont / Über Grenzen gehen als Lebensweg" [link], worin dieses Treffen behandelt ist ... (Und das Buch von Literaturwissenschafter Klaus Zeyringer, das ich im vorigen Eintrag erwähnt habe.)

Sollte dieser Arbeitsmodus Dauer entfalten, wäre damit auch ein best practice-Beispiel konstituiert, das sehr konkret zeigt, was gemeint sein kann, wenn man regionale Kooperation "bottom up" initiiert; statt "top down" ... von unten nach oben, nicht umgekehrt. Denn der Ausgangspunkt dieses Prozeß ist unsere private Initiative.

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Hofrätin Dietlinde Mlaker (Leiterin der Abteilung 16, "Raumplanung Steiermark") hatte bei einer Veranstaltung in Gleisdorf genau diesen Aspekt als maßgeblich hervorgehoben: Die Initiative von unten nach oben, der sich Bürgermeister dann widmen würden. (Siehe dazu auch: „Regionext“: Für eine ‚Steiermark der Regionen’!)

Gemäß dem Denkmodell der "drei Sektoren" (Staat / Markt / Zivilgesellschaft) ist die Sache nun ganz passabel aufgestellt. Unsere Erfahrungen mit Wirtschaftstreibenden sind freilich noch stark von der Idee geprägt, daß Kunst und Kultur eine eher dekorative Funktion haben. Und auch in der konkreten Umsetzung kann ich einigermaßen deutlich sehen, welches Selbstbewußtsein sich in welchem Handeln ausdrückt, da hier (im Geschäftsleben) eben jene Budgets generiert werden, auf die sich Staat, Markt und Zivilgesellschaft in ihrem Tun stützen. Das drückt sich beispielsweise auch in der Berichterstattung aus.

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Ein Exemple aus dem "Süd Ost Journal". Das langfristige Kunstprojekt kommt kaum zur Sprache, die "Tolle musikalische Begleitung" erweist sich als leere Phrase, da die berichtende Person nicht in der Lage war wahrzunehmen, daß Sängerin Vesna Petkovic vom "Sandy Lopicic Orkestar" eine kulturell relevante Person und keine Randfigur ist.

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Die Geschäftseröffnung, wenigstens zehn Tage vor dieser Veranstaltung, und der lokale City-Manager des Wirtschaftsverbandes dominieren die medial vermittelte Wahrnehmung. Das ist nun keine große Affäre, weist lediglich darauf hin, was quer durch die Region eben noch an Basisarbeit zu leisten ist. Das Beispiel hat auch Relevanz für soziale Fragestellungen. Warum? Weil es illustriert, daß hier zweierlei ignoriert wird.

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Einerseits ist Geld selbst bloß ein Kommunikationsmittel, ein Medium, das überhaupt erst dann Sinn macht, wenn es eingesetzt wird, also zwischen den "eigentlichen Dingen" VERMITTELT. Dieses Faktum widerspricht der sehr gängigen Vorstellung von Wirtschaftstreibenden, ihr Tun sei allem anderen gegenüber absolut vorrangig.

Andrerseits kann die Wirtschaft nur florieren, also der Unternehmer ausreichenden Profit generieren, wenn bestimmte soziale und kulturelle Voraussetzungen (und Rahmenbedingungen) ausreichend gegeben sind. Für genau die sorgt aber nicht die Wirtschaft, dafür sorgen primär der soziale und kulturelle Sektor. Insofern ist also, um es verkürzt auf den Punkt zu bringen, die Idee der Kultur als "Dekoration" von Geschäftsvorgängen gelinde gesagt ein peinliches Mißverständnis.

Dem unterliegen nicht nur schlecht bezahlte Mitarbeiter der Regionalpresse. Kunstschaffende selbst sind oft nicht in der Lage, solche Zusammenhänge darzustellen, zu thematisieren. Politiker sind mitunter zu sehr an die starke Lobby-Arbeit der Wirtschaft gewöhnt und davon abgelenkt.

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So notierte etwa Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark (links, neben Graphic Novelist Jörg Vogeltanz) auf seiner Website:

>>Nach einem ausgesprochen ausgefüllten Tag folgte ein ebenso ausgesprochen ausgefüllter Abend. Am Anfang stand die Eröffnung von Mayr’s Tee & Design. Der Andrang war mächtig und die Mischung ausgewogen. UnternehmerInnen, BürgerInnen und KünstlerInnen. Die Geschäftseröffnung startete gemeinsam mit dem ersten Teil des Gleisdorfer Beitrages zum Steirischen Herbst. Hochoffiziell unter Beteiligung des ORF. Abgesehen davon: Das neue Geschäft von Ulli und Richard Mayr am Florianiplatz ist wirklich sehens- und besuchenswert.<< [Quelle]

Die Reihung spricht für sich: "UnternehmerInnen, BürgerInnen und KünstlerInnen." Die Annahme, Gleisdorf habe einen Beitrag zum Festival "steirischer herbst" geleistet, der doch in der Tat von den Kunstschaffenden kommt, aber von der Kommune kofinanziert wird, bekräftigt das Schema.

Wie erwähnt, da muß also an der Wahrnehmung der Vorgänge gearbeitet werden. Ich möchte annehmen, der Status quo ergibt sich ganz wesentlichen aus den Haltungen Kunstschaffender und Kreativer, welche die Rollenideen der Wirtschaft und der Politik eher kritiklos verstärken.


resethome
15•07