Log #35

Warum beschäftigt so viele unter uns nach wie vor das Thema "Regionale 2008"? Es liegen darin Anlässe, zu prüfen und zu begreifen, wovon Kulturpolitik auf einer Ebene handelt, auf der erhebliche Budgets bewegt werden. Und fünf Millionen Euro Gesamtaufwand (wenn auch für zwei Jahre) sind eben durchaus erheblich.

Man kann sich prinzipiell allfällige Neidgefühle freilich ersparen, denn wo auch immer so hohe Beträge bewegt werden, sind die Anforderungen entsprechend hart. Im Sinne von: Da geht es mit harten Bandagen zu. (Das muß man erst einmal mögen und falls ja, auch bewältigen.)

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Künstlerin Regina Peier hat nun begonnen, verfügbare Informationen über die "Regionale" auszuwerten, um einen Eindruck zu erarbeiten, welche Motive, Kriterien und Modi bei solchen Vorhaben Wirkung entfalten.

Ich halte das für eine sehr wichtige Methode, um sich Klarheiten zu verschaffen, wovon (unter anderem) Kulturpolitik auf Landesebene bewegt und geprägt wird. Die "Regionale" ist zwar nicht grundlegend repräsentativ für den heimischen Kulturbetrieb, aber mutmaßlich durchaus exemplarisch für derlei Großvorhaben.

Ohne Kenntnisse der Regelspiele ist es höchst unwahrscheinlich, daß die verschiedenen Instanzen zu fruchtbaren Kooperationen kommen; egal auf welcher Ebene. Ich meine mit diesen Instanzen:
a) Kunst- und Kulturschaffende,
b) Politik und
c) Verwaltung.

Cut!

Weiter im Zusammendenken von evidenten Fakten: Das "Medienhaus Krois" ist nahe Bad Gleichenberg ansässig, also im Wirkungsbereich der aktuellen "Regionale-Region". Hannes Krois schrieb in seinem "Süd Ost-Journal" vom 18. Juli 07:

>>Wenngleich die Zeit für dieses große Festival auch knapp erscheint, will man mit "Diwan" den gedanklichen Austausch zwischen dem Osten, dem Orient und der Südoststeiermark auf sehr profunder kulturell- künstlerischer Ebene aufarbeiten. Die einzelnen Veranstaltungen des Festivals sollen eine Art Nahtstelle von Kunst und Alltagsleben darstellen. Zudem wird die Bevölkerung in das Festival-Geschehen rund um den westöstlichen Gedankenaustausch eingezogen.<<

Gut! Gut? Ich bin weiter extrem skeptisch, daß genau dieser Ansatz ernst gemeint ist und mit entsprechenden Inhalten wie Verfahrensweeisen ausgestattet wird. Erklärte Intentionen darf man an Taten messen. Und an erkennbaren Potenzialen. Auf Seite 47 des genannten Blattes erfährt man:

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Das bedeutet, man hat sich mindestens auf dem Literaturfeld nicht für Gegenwartskunst auf der Höhe der Zeit entschieden. Ich halte es überdies für völlig ausgeschlossen, daß Edelsbacher die bevorzugte Wahl von "Diwan"-Konzept-Verfasserin Strassegger wäre. Da klaffen nun einfach Levels auseinander.

Wie ist das zu verstehn? Vor allem so, daß "weitbekannt" nicht als künstlerische Kategorie gilt. Edelsbacher gehört zum engeren Kreis rund um Herausgeber Hannes Krois. Welche Kriterien werden da gepflegt und mögen sich entsprechend im künstlerischen Klima der Region als "wirkmächtig" erweisen?

Ich empfehle Stichproben, zum Beispiel einen Blick in das "Süd Ost-Journal" vom 27. Juni 07. Auf  Seite 39 berichtete Krois über eine Literaturveranstaltung:
>>In den heutigen Zeiten des medizinisch Realistischen, Derben und Vulgären ein neuer Einstieg in die sprachliche sexuelle Kultur. Ein wenig im Ansatz nach Biedermeier, aber deutlich verständlich. "Flattermäuschen", wohl um Welten erotischer als das Unerotische rund um die Unworte Vulva und Vagina. Abgesehen von der "Fäkalsprache", mit welcher jenes "Flattermäuschen" sonst noch bezeichnet wird.<<

Mir bleibt schleierhaft, was medizinische Termini zu "Unworten" macht. Ich würde außerdem zu gerne jenem wackeren Oststeirer begegnen, der "Vulva und Vagina" in seinem alltäglichen Wortschatz verwahrt. (Ich wette: Gibt's net!) Hier qualifiziert sich dieser Kreis von Medienleuten, wie auch an anderen Textstellen, für das Prädikat "Sprachliche Besinnungslosigkeit".

Es würde mich mehr als überraschen, wenn auf solchem Boden etwas möglich wird, das im Kunstkontext Aussicht auf Relevanz hat. (Nebenbei: Ich würde gerne den Bücherschrank von Herrn Krois aus der Nähe sehen, um einen Eindruck zu gewinnen, woraus er seine Kriterien bezieht.)

Warum gehe ich hier in solche Details?

Weil ich deutlich machen möchte, daß die Marke oder Markierung "Kunst" vor allem einmal eine offenbar beliebig besetzbare Punze ist, ein Container-Begriff, der mit definitiv allem gefüllt werden kann.

Was heißt das für uns? Wenn sich Anstrengungen lohnen sollen, abseits des Landeszentrums ein kulturelles und geistiges Klima zu verstärken, in dem eben NICHT alles völlig BELIEBIG besetztbar ist, wenn es überdies gelingen soll, für solche Entwicklungen angemessene Budgets zu akquirieren, muß sich das auf seriöse inhaltliche Arbeit stützen.

Damit meine ich NICHT, daß (nur) eine bestimmte Auffassung von "Kunst" zum Zug kommen solle, sondern daß bei größeren Vorhaben im Klären von Zielen intellektuelle Redlichkeit eine durchgängige Bedingung bleiben möge.

Cut!

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Beim letzten Arbeitstreffen in Freiberg zeigte sich: Georg Köhler, der Kulturbeauftragte der Stadt Weiz, kann sich sehr gut eine Print-Publikation vorstellen, die -- mit ausreichend weit gestecktem Horizont -- Kunst- und Kulturschaffende der Region portraitiert und vorstellt. Hannes Felgitsch, Kulturreferent von Gleisdorf, denkt zur Zeit darüber nach, wie diesbezüglich eine Kooperation zwischen Weiz und Gleisdorf konkret funktionieren könnte.

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Ich habe im Frühjahr in einem Gespräch mit dem Weizer Bürgermeister Helmut Kienreich (oben rechts, neben Felgitsch) von ihm ausdrücklich gehört, daß ihm eine kulturelle Kooperation der beiden Städte gefallen würde.

Daß wir in solchen Entwicklungen nicht bloß diese Linie "Weiz - Gleisdorf" im Auge haben, sondern auch Orte wie Eggersdorf oder Kumberg im Spiel sind, daß hier also ein weiterer Radius zur Debatte steht, dürfte sich schon herumgesprochen haben. [Weiter im nächsten Eintrag!]


resethome
30•07