Log #57

Die ersten Tage im Jahr 2008 handeln von guten Aussichten auf unsere Vorhaben. "Uns." "Wir." Dieses WIR ist ein sehr heterogenes. Ich erzähle hier laufend von Vorhaben im "Kernbereich" des Vereines "kultur.at", was zur Zeit vor allem die mehrjährige Themenlinie "next code" meint.

Das hat sich mit der Entstehung von "kunst O.ST" verzahnt. Was sich hier quer durch die Oststeiermark entfaltet, handelt aber von sehr unterschiedlichen Konzepten und Verfahrensweisen sehr verschiedener leute, die darüber hinaus ihre ganz eigenen Wege gehen.

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Zuvor noch ein anderes Thema. Ich nenne es "Tapeten-Terror". Dieses Foto habe ich in einem Café im Zentrum Gleisdorfs aufgenommen. Es ist eine noch milde, weil erträgliche Form dessen, was ich mit "Tapeten-Terror" meine. Daß nämlich Surrogate, Ersatzgegenstände, so tun als wären sie Kunstwerke, in dem sie mindestens das "Format" nachahmen.

Sie sind doch nicht mehr, als Tapetenstückwerk, das ambitionslos und kenntnisfrei angebracht wird, weil da jemandem die leere Wand nicht geheuer ist.

Obwohl eine leere Wand ohne Zweifel über ästhetische Qualitäten verfügen kann. Doch hier wird einfach ein Konzept exekutiert, dessen Quelle und Ziele man vom Personal vor Ort nicht abfragen kann, weil es wo anders, irgendwo, aus Intentionen verfaßt wurde, die wir hier nicht kennen, nicht ableiten können, die auch mit Gleisdorf absolut nichts zu tun haben.

Diese brutale Éntkoppelung der verschiedenen Gründe, etwas, "ein Etwas", das an ein Bild, ein Kunstwerk gemahnt, also so ein Machwerk an die Wand zu hängen, drückt einen kulturellen Mangel aus, gegen den man nicht Anschreien muß. Man kann auch nicht dagegen agitieren, denn das würde nur Unverständnis hervorrufen.

Es müßte das gesamte Klima, in dem sowas möglich ist, beeinflußt werden. Es müßte beigetragen werden, die Ansprüche und die Kompetenzen der Menschen in diesem Bereich anzuheben.

Cut!

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Von links: Winfried Kuckenberger, Georg Köhler, (vorne:) Walter Köstenbauer, (hinter ihm verdeckt:) Gertraud Enzinger, Greta Glatter, Uta Podenstorfer und Angelika Haas.

Die Runde von "kunst O.ST" hat sich nun für das zweiwöchige Festival im kommenden April formiert. Die Veranstaltung unter dem Titel "pomale" wird von folgender Besetzung künstlerisch getragen:

Hubert Brandstätter & die Künstlergruppe Atelier "KO", Gertraud und Georg Enzinger, Greta Glatter, Angelika Haas, Michaela Knittelfelder-Lang, Walter Köstenbauer, Renate Krammer, Walter Kratner, Martin Krusche & Crew, Richard Ludersdorfer, Regina Peier & Linda M. Schwarz, Mirjana Selakov, Ingrid & Birgit Pfeiffer, Uta Podenstorfer, Elfriede Scharf, Andreas Tauser, Hertha Tinchon, Gabi Troester & Renate Bertsch.

An der Umsetzung arbeiten seitens der Kommunen zur Zeit der Weizer Kulturbeauftragte Georg Köhler und Winfried Kuckenberger, Leiter des Gleisdorfer Büros für Kultur und Marketing.

Cut!

Künstlerin Gabi Troester hat sich inzwischen auch damit vertraut gemacht, vor der Video-Kamera zu sitzen. Hier geht es einerseits um Fragestellungen zur eigenen künstlerischen Praxis, andrerseits um Fragen zum Lebensraum, wie sie nun zunehmend bei "next space" anklingen.

Wir erschließen uns so eine "zusätzliche Bühne" in der Region, genauer: Wir bringen uns in Debatten zu Fragen ein, die im Gemeinwesen zur Diskussion stehen. Weil eben, wie ich schon betont habe, das Kunstfeld dabei anderen Disziplinen keineswegs nachsteht.

Woher sollten denn etwa die Wissenschaft, das Bildungswesen, der Journalismus oder die Politik a priori gewichtigere Kompetenzen und so größere Legitimation haben? Das nehmen manche Menschen aus diesen anderen Feldern zwar gerne an, dieses Selbstverständnis hält aber generell einer genaueren Prüfung nicht stand.

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MIRJANA PEITLER-SELAKOV

Klärungen. Verständigung. Argumentationen. Darstellung. Diesen Aspekten hat sich bei "kunst O.ST" die Kunsthistorikerin Mirjana Selakov gewidmet. Ihre Atelier-Tour begann in den letzten Momenten des Jahres 2007 bei Regina Peier in Eggersdorf und wird nun zu allen Crew-Mitgliedern von "pomale" führen.

Cut!

Ich hab unmittelbar nach der Jahreswende ein ausführliches Gespräch mit Architekt Peter Lidl geführt. Er und seine Frau besitzen das Haus, dessen Erdgeschoß sich nun in zwei Stationen als Galerie und "Kunstraum" vorzüglich bewährt hat.

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Nämlich als unser "herbst_raum" und als "zeit_raum" für Troesters aktuelle Ausstellung. Seither wälzen wir Optionen und Emotionen, um herauszufinden, ob denn, und falls ja: wie denn dieses Erdgeschoß des vormaligen Pfarrschulhauses der Kultur vorbehalten bleiben könnte.

Da unsere Intentionen, Interessen und Vorstellungen keineswegs ineinandergreifen, wie eine Hand in einen guten Handschuh passen würde, ist es abschnittweise ein interessantes Ringen um konsenstaugliche Visionen und deren mögliche Überführung in diese oder jene Praxis. Bei meiner berüchtigten Dezenz, wann immer es eng wird, muß ich Lidl einige Tapferkeit attestieren, mit mir Auswege zu suchen, wenn wir wo anstehen.

Es wäre natürlich eine aufregende Sache, könnte man der Behauptung "Provinz war gestern" eine praxistaugliche Struktur verschaffen, die ausreichende Akzeptanz findet, um längerfristig Bestand zu haben.

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Christine Hausmann, die im Gleisdorfer "Weltladen" allerhand in Gang hält, die uns beide, Lidl und mich, als -- ähem, räusper -- gelegentlich schwierige Burschen kennt, hat uns zur Auflockerung der Konsensarbeit eine Flasche vorzüglichen Rotwein auch Chile hinterlegt. Die will natürlich durch annehmbare Ergebnisse verdient sein. Also schau'n wir mal, dann seh'n wir schon ...

Cut!

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Post aus Slowenien. Kuratorin Monika Ivancic Fajfar hat die nächste Station realisiert, "next code: war & peace" ist nun in der Bovec Gallery in der Festung Kluže zu sehen. Das ist die zweite von drei Stationen, mit denen sich "next code" zu unseren Nachbarn erweitert.

Das verdichtet die Aktivitäten auf der Strecke "Wien -- Beograd -- Istanbul", Kuratorin Mirjana Selakov liefert in diesen Tagen gerade den von ihr zusammengestellten Österreich-Beitrag für die "Internationale Biennale der Miniatur“ im westserbischen Gornji Milanovac.

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Ausschnitt eines Beitrages der Wiener Künstlerin Karin Frank.

Das ist übrigens nicht gar so weit von Srebrenica entfernt, jenem bosnischen Ort, der wie kein zweiter im letzten Abschnitt des 20. Jahrhundert zu einem Mahnmal gegen den Nationalismus geworden ist. Man ahnt, daß dort auf mich Arbeit wartet, um "next code: war & peace" fortzusetzen.

[Siehe zu diesen Themen auch den aktuellen Eintrag
im Projekt-Logbuch von "kunst O.ST"!]


resethome
2•08