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Das aktuelle NCC-Meeting hat mir zwei staunenswerte Eindrücke eingebracht. Erstens sind konstituierende Ereignisse der heimischen Netzkulturszene nicht mehr Gegenstand allgemeiner Kenntnis innerhalb der Szene. (Und da reden wir von gerade einmal einer Dekade.)

Zweitens haben manche Zentrumsleute immer noch ihrer "Provinz" gegenüber merkliche Ressentiments und fragen sich, ob es denn lohnen könne da hinzufahren ... NCC09_200.jpg (4677 Byte)

... während das Zentrumsgeschehen dieser Frage der Nützlichkeit und Sinnhaftigkeit offenbar NICHT unterliegt. Ich erwäge, mit "Veteran" Jogi Hofmüller (unten links im Bild) nun einen Netzkultur-Kameradschaftsbund zu gründen, damit die Traditionspflege nicht völlig verkommt.

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Scherz beiseite! (In der Mitte des Bildes Max Höfler, rechts Martin Schitter.) Zwei Ereignisse stehe sehr markant hinter den Entwicklungen der "Szene" und waren wohl auch ein wichtiger Impuls für die "Medienkonferenz", die 1999 in Linz stattgefunden hat. Der Fall des Rundfunkmonopols und Österreichs Verzicht auf ein Kunstministerium.

Die "Medienkonferenz Linz 1999" trug den Titel "Kurskorrekturen zur Kultur- und Medienpolitik". Es sollte damals "der Versuch unternommen werden, verschiedene Positionen und Strategien für ein demokratie- und kulturpolitisches Verständnis von Medienpolitik zu entwickeln, deren Bündelung gegenüber einer zunehmenden Merkantilisierung der Informationsgesellschaft deutlich Stellung bezieht.

Diese postulieren eine Medienlandschaft in pluralistischer Form, uneingeschränkte Meinungsfreiheit sowie auch die gleichberechtigte Akzeptanz kultureller und künstlerischer Inhalte in freien und nicht- kommerziellen Medien." [Quelle]

In der "Linzer Erklärung 1999" waren erste Ergebnisse der Konferenz zusammengefaßt. Die IG Kultur Österreich gab auch eine umfassendere Dokumentation heraus.

In jenen tagen waren die alternativen Zeitschriften-Crews schon recht gut organisiert, die Server-Crews sind noch recht neu auf dem Set gewesen und nichtkommerzielle Radios waren ebenfalls eine ganz junge Geschichte:

>>Anfang der 1990er Jahre zeichnete sich eine Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ab.

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August 1999: "sektor3medien 99. Kurskorrekturen zur Kultur-
und Medienpolitik",
Dokumentation [link]

Nach langjährigem gegenseitigen Misstrauen konnten sich SPÖ und ÖVP auf ein Regionalradiogesetz einigen, welches das staatliche Rundfunkmonopol beendete und "binnenpluralistisches" regionales Privatradio ermöglichte. Das Fernsehmonopol fiel offiziell erst mit dem Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz 1997.<< [Quelle]

Das waren für uns sehr vielversprechende Entwicklungen. dagegen fanden es die meisten unter uns sehr besorgniserregend, daß die Kultur zur "Chefsache" erklärt wurde, was bedeutete, der Bundeskanzler behielt sich das Ressort vor.

Das Kunstministerium wurde abgeschafft und ein Staatssekretär übernahm den Laden ... Damals Peter Wittmann, dem später Franz Morak folgte.

Im Jahr 2002 faßte Martin Wassermair in "Collateral Damage" so allerhand davon zusammen. Zitat: "In seinem allerletzten Interview gestand der damalige Kunststaatssekretär Peter Wittmann im Jänner 2000 gegenüber dem FORMAT zwei große Versäumnisse ein." [Quelle]

Davor hatte es in der Szene eine wichtige Konferenz gegeben, der auch in eine heute noch verfügbare Dokumentation folgte.

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Mai 2000: "sektor3/kultur. Widerstand, Kulturarbeit, Zivilgesellschaft", Dokumentation [link]

Ich brauche nicht aufzuzählen, welche kulturpolitischen Probleme und Defizite wir seither beklagen. Aber ich behaupte, wir haben selbst wesentlich beigetragen, dieses Status quo herbeizuführen. Ich kann rückblickend nicht feststellen, daß wir aus den genannten Konferenzen mit ihren sehr treffenden Schlüssen auch ausreichende praktische Konsequenzen gezogen hätten. [Fortsetzung]

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coreresethome
43•09