log #426: südost

Servus Krusche, bin im Moment ein ganzes Monat in Georgien...

So Historiker Karl Kaser [link] in seiner jüngsten Mail. Wir kommen in einen Abschnitt, wo die Details für das Symposion weitgehend feststehen sollten. Das klappt zum Glück auch vorzüglich.

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KARL KASER

Kulturwissenschafter Matthias Marschik schrieb:
...ich bin grad am Ausarbeiten des Vortrages. Genaueren Titel kann ich Dir in ein paar Tagen sagen...

Ich hatte ihn [link] gebeten, für uns ein besonders kniffliges Thema greifbar zu machen, an dem ich ihn schon länger arbeiten sah.

Als Kind des Kalten Krieges bin ich ja die merkwürdige Blüte jener völlig neuen Massenkultur, die bei uns von den Nazi entworfen und angelegt wurde, die in der Popkultur aufging und massenmediale Verhältnisse einführte, wie sie vorher unbekannt waren.

Erklär mir das doch, Marschik, hatte ich gebeten. Wird er tun. Inzwischen sind Thema und Titel da:
„Der Mythos vom Ganzen und Einen“ (Identitätskonstruktionen in der Spätmoderne)

Ja, Leute, da müssen wir hinein. Es nützt nichts. Hier darf ich auch gleich meine Lieblingsgeschichte zu Marschik aufwärmen, denn sie illustriert sehr anschaulich, wovon das Thema handelt.

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MATTHIAS MARSCHIK

Ich kenne Marschink schon eine Weile. Wir sind uns aber bisher noch nie real begegnet, obwohl wir miteinander ein Buch geschrieben haben. Kein Scherz! Wir begegneten einander im Jahr 2009 in Telepräsenz, worin wir bisher verblieben. Online.

Anlaß dieser Begegnung war der technische Angelpunkt europäischer Massenmotorisierung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Es ging um Dante Giacosas phänomenalen Fiat 600 und seine spektakuläre Variante als quasi überhaupt erste "Großraumlimousine" im heutigen Sinn, den "Multipla"; siehe: [link]

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Wir gerieten recht bald immer tiefer in die Vergflechtungen, die uns beschäftigen; dazu gehört auch Marschiks vorzügliche Geschichte der österreichischen Luftfahrt etc. So wurden wir zu Koautoren für das erste Buch über Österreichs einzigen genuinen "Volkswagen", das zur Folklore erblühte "Puch-Schammerl"; siehe: [link]

Pures Teleworking. Nicht einmal der Verlegerin bin ich bisher in real life begegnet. Fußnote: Das Thema hat auch seinen massiven Balkan-Bezug, denn die serbische Fiat-Lizenz des oben genannten 600ers, der "Fica" aus Kragujevac, ist im Süden ein erstes Hauptereignis der Massmotorisierung gewesen und bis heute auf den Straßen des Balkans zu sehen.

Nun befaßt sich Marschik aber auch mit den Fragen der Identitätsbildung innerhalb einer Massengesellschaft, die sich mit massenmedialen Mitteln organsiert und -- wie wir sehen -- längst ihre Politik ebenfalls in einem Maße dem Boulevard anvertraut, da wirds mir schwindelig.

Wie geht das nun mit unserem Thema 1914/2014 zusammen? Ich darf kurz und etwas polemisch notieren: Die Habsburger waren Meister der politischen Propaganda, mit den Mitteln ihrer jeweiligen Zeit umgesetzt. Sie wußten den Massen ihres Imperiums Konzepte und Images zu verkaufen, das staunt man bei näherem Hinsehen.

Allein die Tatsache, daß bis heute in weiten Kreisen gedacht wird, "Serbien hat den Ersten Weltkrieg begonnen", ist ein lebendiger Beleg für diese kruden propagandistischen Qualitäten.

Aber ich greife vor. Nun baue ich also die Puzzlesteine für diese große Themenstellung zusammen, für den Auftakt einer längerfristigen Bearbeitung. Marschik wird übrigens den herbstlichen Auftakt des Symposions geben. Gemeinsam mit dem serbischen Duo diSTRUKTURA: Milica Milicevic and Milan Bosnic.

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MILICA MILICEVIC & MILAN BOSNIC

Mit diesen beiden Kunstschaffenden absolvieren wir jetzt schon die "Styrian Sessions". [link] Es ist hier also von Work in Progress zu reden. Und ich möchtre dazu Selman Trtovac, der auch zu meiner Symposions-Crew gehört, zitieren:

Weiter habe ich gesagt, dass wir, Künstler des 3BGD, sehr wohl verstehen, wie wichtig das Ereignis (Attentat in Sarajevo) in der heutigen Zeit und Kunst ist, aber wiederum, dass wir darauf bestehen, dass unsere Position im künstlerischen Bereich bleibt, dass wir uns stets durch künstlerische Sprache ausdrücken müssen, weil wir keine Politiker, Historiker, Philosophen, Anthropologen oder Soziologen sind.

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SELMAN TRTOVAC

Damit soll deutlich werden: Wir sehen die Mittel und Strategien der Kunst auf einer Ebene mit jenen der Wissenschaft. So ist auch dieses Teilprojekt von "the long distance howl" angelegt. Weiters verzweigen wir einige Themenlinien auch auf die Ebenen der Alltagskultur und der "trivialen Mythen". So funktioniert "the track: axiom | südost". [Fortsetzung]

[südost: übersicht]


coreresethome
29•13