log #432: südost

Die Kamera sieht anders als das menschliche Auge. Sie sieht natürlich überhaupt nicht. Das Maschinensensorium ist grundlegend anders angelegt als das menschliche. Deshalb wäre etwa Farbtemperatur zu beachten. Das bedeutet, knapp zusammengefaßt, daß unterschiedliche Lichtquellen uns vielerlei Frequenzen des Lichtes liefern, weshalb uns Farben dann unterschiedlich erscheinen oder im Lichte von Scheinwerfern ein ganzer Raum auf Fotos anders gefärbt erscheint als in persönlicher Anschauung.

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Das bedeutet, es wäre ein Weißabgleich der Kamera nötig, um etwa die Szene aus dem Museum im Rathaus annähernd so darzustellen, wie ich sie gesehen habe. Doch wenn es schon gelingen soll, den laufenden Prozeß temporär von meiner Strecke in den Ausstellungsraum zu verlegen, dann ist so eine Korrektur nicht naheliegend. Die Kamera darf und soll andere Ansichten vermitteln als leibliche Anwesenheit.

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Es sind derzeit natürlich nicht bloß meine Arbeiten im Spiel, sondern auch einige Stücke von Leuten, mit denen ich auf dieser Strecke gearbeitet habe; wie etwa diese Mona Lisa- Paraphrase von David Staretz. Hier in der Frachtkiste, der "versteckten Galerie" von 2003.

Das sind so Variationen, durch welche ich dann wieder die Frage "Und das soll Kunst sein?" am Hals habe. Unsere Leute sind überwiegend so sehr auf Produkte gepolt, daß sie die geistige Prozesse nicht als relevant erachten, ihnen keinen Werk-Charakter zubilligen. Fußnötchen: Und genau so ist unser Land beinander, wenn man nach dem Bildungslevel fragt. (Geistige Prozesse haben offenbar derzeit keine Konjunktur.)

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Ich frage nicht: "Was ist Kunst?". Das quält die Verunsicherten, jene, denen nicht gar so klar ist, womit sie es überhaupt zu tun haben. Ich frage vorzugsweise: "Wann ist Kunst?", weil mich die Prozesse und die Zustandsänderungen interessieren.

Augenblicke und Zustandsänderungen im Verhältnis zu einander, das ist ein Stück der Magie von Kunst. Es geht nicht um "Wow-Effekte", sondern um die Aufregung, an sich selbst Zustandsänderungen zu erfahren.

Dabei ahne ich, daß die herkömmliche Art des Ausstellungsbesuches vielleicht ein Mißverständnis ist. Zumindest gegenwärtig, wo das meist irgendwie auf eine Art "Trade Show" hinausläuft. Die angemessenere Situation für ein Publikum wären demnach die Tage des Aufbaus. Das Ringen um Positionen, in dem neue Aussagen entstehen.

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coreresethome
37•13