log #468: mythos puch (das portal)

Worum es geht

Mit diesem Kulturprojekt, das sich aus etlichen Teilprozessen ergibt, soll anschaulich werden, wie es zu den Bildern und Ansichten kam, die unsere Vorstellungen von individueller Mobilität dominieren.

Wir haben schnell vergessen, daß individuelle Mobilität gerade noch ein Privileg von Minoritäten war. Die Überwindung des Raumes ist mit einem Aufwand verbunden gewesen, den Leute meiner Herkunft nur selten erbringen konnten

Blickt man drei bis vier Generationen zurück, waren der breiten Bevölkerung im Alltag große Wegstrecken zu Fuß geboten. Reittiere blieben den wohlhabenden Schichten vorbehalten.

Fuhrdienste wurden bei uns hauptsächlich mit Ochsengespannen erledigt. Pferde entsprachen als Zugtiere kürzlich noch dem, was heute Automobile der Oberklasse sind. (Für eine gute Kutsche konnte sich ein Aristokrat ruinieren.)

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Fahrmeister Otto Wolf mit dem Puch Kolibri-Motorzweirad

Rund um das Jahr 1900 hatten sich in der Fahrradwelt die „Niederräder“ („Safety“), wie sie heute noch gefahren werden, durchgesetzt. Außerdem gab es in den Zentren Straßenbahnen, die in Analogie zum wachsenden kontinentalen Eisenbahnnetz den Bewegungsspielraum der Völker wachsen ließen.

Das alles ergab eine soziale Revolution, die mit unbeschreiblicher Wucht im Lauf der Dinge durchschlug. Zwischen 1906 und 1910 kam in der Steiermark eine (Klein-) Serienproduktion von Automobilen in Gang.

Die zunehmende Zahl der „Autler“ okkupierte ab da mehr und mehr den urbanen Raum zwischen den Häuserfronten und drückte die meisten anderen Verkehrsteilnehmenden auf den Straßen zur Seite.

Nach dem Zweiten Weltkrieg trafen sich Massenproduktion und Massenkonsum auf neue Art, um eine Volksmotorisierung zu ergeben, wie sie vorher bei uns unbekannt war. Kraftfahrzeuge sind da schon längst kulturell als Fetisch aufgeladen gewesen.

Eine der Quellen dieses kulturellen Prozesses waren von Anfang an Rennen. Ein Bonmot besagt, das erste Motorradrennen der Welt fand statt, als das zweite Motorrad der Welt gebaut war.

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1911: Fräulein stud. phil. Helene Morariu
("Die Dame lenkt nicht nur, sondern betreut auch ihr Auto  selbst.")

Ab den 1930er-Jahren setzte sich die ursprünglich technisch implizierte Stromlinie als kultureller Code durch. Windschlüpfrigkeit wurde zu einer weitreichenden Metapher.

Nun erleben wir einen radikalen Umbruch. Der persönliche Besitz von Kraftfahrzeugen als Basis von Massenmobilität hat ein erkennbares Ablaufdatum. Wir werden deshalb aber unsere Gewohnheiten bezüglich Bewegungsspielraum nicht aufgeben wollen.

Nach rund einem Jahrhundert der intensiven Ideologisierung des Fahrzeugbesitzes, mit einem unvorstellbaren Propagandaaufwand realisiert, sollte uns bei der notwenigen Orientierung für die nahe Zukunft ein tiefgehendes Verstehen dieser Epoche nützen.

Fahrräder, Motorräder, Automobile… Diese ganze Entwicklung ist mit keinem Namen so stark verknüpft wie mit Puch. Johann Puch erprobte 1900 seine erstes Automobil. (Bis heute ist die Marke auf unseren Straßen präsent.)

„Mythos Puch“ steht exemplarisch für die hier skizzierte Geschichte. Über diese Themenstellung versuchen wir, verschiedene Genres zu kombinieren, um dieses Verstehen mit einem soziokulturellen Projekt voranzubringen.

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