Log #640: Kuratorium für triviale Mythen

Projektabschluß und Ausblick

Das Jahr 2018 bricht in wenigen Tagen an. Das Projekt "Vom Pferd zum Sattelschlepper" findet damit sein Ende und die Auswertung der Arbeitsergebnisse hat längst begonnen. Zu diesem Finish gehört nun auch das zweite Heft mit gleichem Titel, in dem der gesamte Themenbogen skizziert ist.

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Diese Publikationsform im Web war naheliegend, weil sie Kosten erspart. Das meint, diese Booklets kann man online lesen und ich stelle für Interessierte gerne PDF-Dateien zur Verfügung, die einem private Lektüre auf Papier ermöglichen.

-- [Heft #1] [Heft #2] --

Das ist als ein unsere Budgets schonender Modus gedacht, wobei ich mit einem Fuß eben in der Gutenberg-Galaxis verbleiben muß, in der Welt von Druckwerken. Aus privater Passion. Gut, das seinerzeit avisierte "Papierlose Büro" blieb ohnehin ein Phantasma. Auch traditionelle Bibliotheken haben ihre Bedeutung seit den frühen 1980ern, dem Beginn der PC-Ära, nicht eingebüßt.

Die PC-Technologie hat den Papierverbrauch also nicht gegen Null gefahren. Wir wissen außerdem heute, daß Drucksorten längerfristig die verläßlicheren Speichermedien sind. Aber ich schweife ab.

Ein Aspekt dieses Projektes lag im Thema "Weltgeschichte berührt Regionalgeschichte". Das kommt den Umständen einer globalisierten Welt entgegen, die speziell über technologische Fortschritte und deren wirtschaftliche Konsequenzen all diese Verzweigungen hergestellt hat, die heute definitiv in jedes Dorf reichen.

Damit sind auch Zusammenhänge der Volkskultur schon ab dem 18. Jahrhundert bewegt, verändert, neu geordnet worden.

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Dabei waren in der Gemeinde Hofstätten an der Raab und gesamt in der Kleinregion Gleisdorf vor allem zwei Felder zu bemerken, mit denen wir weiter zu tun haben werden. Einerseits eine auf hohem Niveau gelebte Volkskultur in der technischen Welt, deren Praxis wir zeigen können, die aber im Feuilleton und in öffentlichen Diskursen nicht als Teil der Volkskultur thematisiert wird.

Andererseits ein großer Bereich allgemein vertrauter Volkskultur, die aber ebensowenig thematisiert wird, außer es gibt gelegentlich ein Kapellenfest. Damit meine ich die hohe Dichte der Flurdenkmäler und Kleindenkmäler, der Wegkreuze, Bildstöcke, Figuren in unserer Region.

Und genau das, dieses unspektakuläre Stattfinden ohne große Erwähnungen, spricht ja für den genuinen Volkskultur-Charakter dieses Genres. Hier wird nichts für den Tourismus instrumentalisiert oder für einen urbanisierten Kulturbetrieb aufgehübscht. Diesen Bereich leben die Menschen mit großem Engagement. Zu diesem Thema sind übrigens im 2017er Jahr sehr wesentliche Impulse vom weststeirischen Kulturbüro Stainz gekommen, von dem wir überdies eine aufschlußreiche Literaturrecherche erhalten haben.

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Hier ein typisches Beispiel. Dieses gut instandgehaltene Wandkreuz entdeckt man rechts, wenn man von Gleisdorf her in die Gemeinde einfährt. Das sind durch die Bank private Initiativen. Sie sind so alltäglich und umfassend präsent, daß es einem meistens erst auffällt, wenn man darauf hingewiesen wird.

Dieses volkskulturelle Denkmal-System ist übrigens so etwas wie eine vorindustrielle Info-Sphäre, also eine Informationswelt, ein Codesystem im öffentlichen Raum, von dem wir umgeben sind, denn die meisten Exponate erzählen etwas an lokaler oder regionaler Geschichte.

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Ein ganz typisches Beispiel dafür findet man auf dem Weg nach Wetzawinkel. Dabei kommen in diesem Info-System allerhand Arten von Unfällen zur Sprache. Das reicht bis in die unmittelbare Vergangenheit, stellenweise auch in die Gegenwart. Da sind es gerade Verkehrsunfälle, die oft einen Anlaß für derlei Kleindenkmäler schaffen.

Es erscheint ziemlich kurios, daß dann am Fuße des Autobahnzubringers in Hofstätten mit einem Mahnmal ausgerechnet an einen Verkehrstoten namens Walter Raser erinnert wird. In diesen sechs Monate dauernden Projekt, das die Grundlagen für ein größeres Vorhaben schaffen soll, hat sich übrigens eine überraschende kulturgeschichtliche Tiefe ergeben.

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Das Thema  "Vom Pferd zum Sattelschlepper" handelt ja unter anderem von der Mechanisierung der Landwirtschaft, die nach dem Zweiten Weltkrieg einen phänomenalen Sprung gemacht hat. Was dabei zur Wirkung kam, hat sich regional ganz wesentlich zwischen den 1960er Jahren und der Gegenwart abgespielt, also innerhalb unserer Lebensspannen.

Diese Gegenwart bringt gerade einen nächsten Umbruch voran, nämlich radikale Automatisierungsschritte, die auf neue Maschinensysteme gestützt sind, wie wir sie in unserer Kindheit noch nicht kannten. Die Vierte Industrielle Revolution verändert gerade unsre Lebenszusammenhänge fundamental.

Um all das zu verstehen, sind auch einige Blicke in die fernere Vergangenheit nützlich, in die Antike. Dazu kommt dann die sehr spannenden Frage, warum es in der Antike keine Industrielle Revolution gegeben hat.

Persönlichkeiten wie Archimedes belegen, daß ein angemessenes rationales, analytisches Denken verfügbar war, um mechanische Fragen zu lösen. Ein atemberaubender Fund wie die Maschine von Antikythera belegt außerdem, daß schon damals Werke der Feinmechanik möglich waren, die man nicht für möglich halten möchte. Warum also erst vor zweihundert Jahren und in Europa?

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Bürgermeister Werner Höfler (links) und "Puchianer" Sigi Spreitzenhofe

Da ist der Blick in die Antike sehr spannend. Zugleich haben wir mit Mythos Puch IV die jüngere Vergangenheit unserer Technik- und Mobilitätsgeschichte beleuchtet, speziell am Beispiel lokaler Kräfte: [link] Aus all dem ergibt sich für die weiterführende regionale Kultur- und Wissensarbeit ein kleiner Themenkatalog, woran zu arbeiten ist, um auch die aktuellen Umbrüche besser zu verstehen:

+) Weltgeschichte berührt Regionalgeschichte
+) Volkskultur (in der technischen Welt)
+) Die Vierte Industrielle Revolution
+) Mensch und Maschine

Dazu brauchen wir weiter ein leistungsfähiges Netzwerk, in dem Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft eine Wechselwirkung entfalten, über die dieser Themenbogen bewältigbar ist. Für die praktische Umsetzung ist die längerfristige Kooperation mit anderen Kultureinrichtungen unverzichtbar.

-- [Dorf 4.0] [Die Publikationen] --


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