log #667: Mythos Puch V

Ruhige Pfingsttage. Da lassen sich einige Dinge gut voranbringen. So zum Beispiel die Haflinger-Sache. Graphic Novelist Chris Scheuer hatte mir heuer ein Blatt überlassen, das Haflinger, Pinzgauer und Puch G gemeinsam zeigt. Damit konnten wir Egon Rudolf, dem vormaligen Direktor des Puchwerks, zu seinem 90. Geburtstag eine Freude machen. Siehe: [link]

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So war klar, daß Scheuer sich zeichnerisch auf diesen technischen Feldern zurechtfinden würde. Außerdem hatte er schon 2017, zum 60 Jahr-Jubiläum des Steyr-Puch 500, mit einem Jubiläumsposter gezeigt, das er solche Stoffe handhabt, um sie mit dem Stil jener Jahre korrespondieren zu lassen.

Das fanden nun auch die Verleger interessant, mit denen ich an einem Buch zum Sechziger des Hafi arbeite. Damit sind wir in der ganzen Sache einen wichtigen Schritt weiter, denn auf die Jahresmitte zu sollen Titel und Covermotiv feststehen, damit die Öffentlichkeitsarbeit beginnen kann.

Der Vorteil an diesem Abschnitt: Chris Scheuer ist kein Car Guy, kein Benzinbruder. Die Autos haben für ihn als Kraftfahrzeuge keinerlei Anziehungskraft, von der sein Blick auf die visuellen Fragen und Qualitäten abgelenkt würde. Er kann sich dabei ganz auf das Motiv konzentrieren.

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So saßen wir in einem kleinen Thai-Lokal am Rande von Gleisdorf, wo eine sehr authentische Küche gepflegt wird, um Details zu bereden. Scheuer schätzt dort die "Transparenz" der Speisen, wie er es ausdrückt. Es ist verblüffend, wie da manche Geschmäcker sich im Ensemble hervortun, um einem kleine Überraschungen zu bereiten. Für uns Anlässe, über das Reisen zu sprechen, über derlei vorteilhafte Entfremdungen vom Vertrauten, wobei Kontraste entstehen, durch die man wieder besser sieht, was einen umgibt.

Damit sind wir aber auch erneut beim Themenkomplex Mobilität, die speziell als Automobilität für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts so prägend war. Darunter eine Sonderrolle des Haflingers, der als Nutzfahrzeug konzipiert worden war und bis heute in einigen seiner Qualitäten unübertroffen ist.

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Der Haflinger wurde übrigens auch im Reisemodus erprobt, obwohl er ganz genau das natürlich nicht ist, ein komfortables Reisefahrzeug für weite Strecken. Dennoch bewährte er sich auf Fernfahrten, etwa nach Afrika oder Lateinamerika. Man könnte sagen, Scheuer interessiert sich quasi für den Charakter dieses Fahrzeugs. Natürlich eine Metapher, da tote Dinge keinen Charakter haben. Aber dennoch auch etwas, dem man auf der Spur kommen kann, da es aus dem konkreten Nutzen heraus dann bemerkenswerte Zuschreibungen gibt. Das Fahrzeug wird mit Bedeutungen aufgeladen.

Eine Querverbindung: Für die Völkerkunde definierte Dieter Kramer Ethnos als eine Charakterisierung, die aus Selbst- und Fremdzuschreibung entsteht. Ethnizität sei, so Kramer, "ein universelles Muster menschlicher Interaktion". In diese Vorgänge beziehen wir gerne Gegenstände ein, die für uns einen besonderen praktischen Nutzen oder davon befreiten Reiz haben. Sie werden mit besonderen Bedeutungen aufgeladen = Fremdzuschreibung, erreichen dabei oft sogar annähernd einen Rang, der sonst menschlicher Gemeinschaft vorbehalten wäre.

Umgangssprachlich nennt man das eventuell "Kult". Der Haflinger ist so ein Fahrzeug, das heute unter Liebhabern besondere Zuneigung bekommt. Er gehört zu den kuriosesten Konstruktion der Automobilgeschichte und wurde offenbar seit 1959 nicht übertroffen, wenn man sich danach umsieht, wo mit so kurzem Radstand, derart bescheidener Motorkraft und so sparsam gebauter Basis ein vergleichbar vielseitiges, leistungsstarkes Nutzfahrzeug entstanden wäre.

-- [Der Haflinger] [Der Geist des Transports] --


coreresethome
21•18