projekt prisma, seite #4

Kontinuität

Weshalb sind bei einem Kulturprojekt („Prisma“) schon im Auftakt etliche Glossen dem Thema Corona gewidmet? Weil wir im November 2021 erleben, daß alle unsere Arbeit erneut enorm unter Druck gerät und Planungssicherheit in den Keller absackt. Das gibt der Frage Vorrang, wie wir unter solchen Bedingungen für Kontinuität sorgen können.

Heute, am 12.11.2021, wird Oliver Mally gemeinsam mit Peter Schneider in Gleisdorf ein Konzert spielen. Das läßt an eine Vorgeschichte von insgesamt 30 Jahren denken, in der wir unsere Gleisdorfer Momente hatten; zum Beispiel an eben diesem Veranstaltungsort. [Die Story dazu.]



Peter Schneider & Oliver Mally by Heinz Payer (Ausschnitt)

Mally und ich haben Konsens: Kontinuität ist derzeit eine Schlüssel-Kategorie. In all dem hab ich es leichter als er, weil mein weitgehender Rückzug aus dem Live-Betrieb genug Spielraum für andere Aktivitäten läßt, während für Mally das Touren ganz unverzichtbar ist.

Das heißt, er muß sich ständig unmittelbar mit den Einschränkungen herumschlagen, die ich für meine Profession weit leichter sortieren kann. Das Wechselspiel zwischen Infektionsgeschehen und behördlichen Regelungen nimmt enormen Einfluß auf den Kulturbetrieb. Das führt in vielen Bereichen zum Kollabieren von Strukturen.

Zugleich hat sich das Publikumsverhalten längst radikal verändert. Planungssicherheit? Ein Phantasma. Wir sind daher gut beraten, den Status quo und erkennbare Reaktionsweisen der Behörden möglichst genau zu kennen, denn damit müssen wir arbeiten.

Die Einschränkungen, Haftungsfragen, die ungewohnten Verhaltensweisen, die Auflagen, die zusätzlichen Kosten… Es bringt überhaupt nichts, all das zu beklagen. Wir brauchen praktikable Modi, um das Kulturgeschehen in Gang zu halten. Darum geht es jetzt dringender denn je.

Deshalb haben mir auch jene Slogans so sehr mißfallen, die orakelten, ohne Kunst und Kultur werde es still. Diese Ausdruck eine partiellen Selbstaufgabe ist mir zuwider. Ich bin Künstler. Ich bevorzuge es, unter allen nur denkbaren Bedingungen um Dauer und Stimme zu ringen.

Mir schien schon beim ersten Lockdown (ab Mitte März 2020) einigermaßen klar: nun sind wir weitgehend auf uns gestellt. Es ist atemberaubend, was ich bisher in meiner Branche (wie auch bei Politik und Verwaltung) an Inkompetenz gesehen hab. Aber wenn das der Stand der Dinge ist, dann ist das eben so. Es kann mich nicht daran hindern, Verbündete zu suchen und an diesem Status quo zu arbeiten.

Glauben Sie mir ruhig, das hat alles so oder so einen hohen Preis. Wir nehmen daran Schaden. Auch physisch und emotional. Das sind aber nicht die Themen, mit denen wir auf die Bühne gehen. Daran arbeiten wir miteinander, achten aufeinander, sorgen für Ermutigung so gut es geht und tauschen uns über Erfahrungen aus.

Wir wissen zu unterscheiden, was On Stage und Back Stage bedeutet. Niemand hat uns je versprochen, daß es leicht wird, als Freelancer in der Kunst zu leben. Na klar, ich hätte es oft gerne leichter. Aber das Wunschkonzert ist vor einer Weile ausgefallen.

+) Laufende Notizen


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